«Henry Ford sitzt in seinem ersten Auto, dem Ford Quadricycle.» Das schreibt der Account «Past Perspectives» auf Facebook und postet ein Schwarz-Weiss-Bild dazu – ein junger, weisser Mann mit Hut, in die Kamera grinsend.
Schön und gut, das Bild des US-amerikanischen Automobilpioniers. Aber Moment mal: Was ist denn mit seiner rechten Hand? Warum steckt sie wortwörtlich im Steuerrad fest?
Die Antwort ist: Weil das Bild mit Künstlicher Intelligenz (kurz: KI) generiert wurde. Das berichtete das Faktencheck-Team der australischen Nachrichtenagentur AAP Anfang Juni. Was beim Vergleich der beiden Bilder auffällt: Das echte Ford-Auto wird mit einer Lenkstange gesteuert – nicht mit einem Lenkrad.
Das Fake-Bild von Henry Ford ist aber nicht das einzige Bild, das der ominöse Facebook-User veröffentlicht hat. Ein Zweites gaukelt vor, die Abernathy-Brüder, die mit ihren Abenteuerreisen bekannt wurden, 1913 auf ihrem Motorrad zu zeigen. Doch auch dieses ist schnell als KI-Version entlarvt: Auf dem Bild ist die linke Hand des Jungen links eine rechte.
Ein drittes Bild soll die Gebrüder Wright zeigen, zwei Pioniere der Luftfahrt, nachdem sie ihren ersten Motorflug im Jahr 1903 gemeistert hatten – doch auch dieses ist Fake.
Man sieht ein lächelndes Brüderpaar mit blonden Haaren vor einem Flugzeug posieren. Dagegen sind auf echten Archivfotos zwei Männer mit Schiebermützen zu sehen, die dem blonden Paar überhaupt nicht ähneln: weder tragen sie blondes Haar, noch sind beide rasiert. Fun Fact: Das Foto im Post wurde inzwischen wegen «Fehlinformation» von Facebook unkenntlich gemacht.
Warum wurde dieses gefälschte Foto produziert? Eine Anfrage der Nachrichtenagentur AFP liess der Urheber der Fälschung unbeantwortet. Allerdings verriet das Bild, welcher Prompt – also welche Anweisung – von ihm in das KI-Programm eingegeben wurde. Demnach sollte eine «feierliche» Atmosphäre geschaffen werden.
Aktuell kursieren viele weitere solcher KI-Fakes auf Social Media. «KI hat einen Tsunami gefälschter Geschichte verursacht, insbesondere im Bereich der Bilder», beklagt die niederländische Historikerin Jo Hedwig Teeuwissen. In Online-Netzwerken spürt sie unter dem Pseudonym «Fake History Hunter» falsche Behauptungen oder Vorurteile über geschichtliche Entwicklungen auf.
Die Diskussion ist bereits vor 25 Jahren schon einmal geführt worden, als die Digitalisierung der Fotografie aufkam.
«Grundsätzlich ist das recht gut gemacht. Dem geht man gerne auf den Leim», sagt Ulrike Meyer Stump bezogen auf das Bild mit Ford. Meyer Stump unterrichtet unter anderem Bildwissenschaften und Fotografiegeschichte an der Zürcher Hochschule der Künste. Es habe eine gewisse altertümliche Tönung und sehe mit dem etwas Bräunlichen aus wie ein altes Bild. Da müsse man sich schon genauer damit auseinandersetzen, um die Fälschung zu erkennen, sagt die Fotohistorikerin.
Ein Problem wegen des vermehrten Verkehrs von KI-generierten, geschichtsträchtigen Bildern sieht Meyer Stump aber nicht. Die Diskussion sei bereits vor 25 Jahren, als die Digitalisierung der Fotografie aufkam, schon einmal geführt worden. «Da haben sich alle Sorgen gemacht, dass alles manipuliert werden könnte.» Letztlich sei die Fotografie seit ihrer Entstehung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts schon manipuliert worden. Dies ergänze die Entwicklung, die sie aus der Fotogeschichte kenne. Die Geschichtsschreibung der Zukunft werde sich dadurch nicht verändern.
Mitarbeit: Nicolas Malzacher