Ronja Fankhauser identifiziert sich selbst als non-binäre, polyamore und queere Person. Im Gespräch verrät Ra, warum Ra mit mehreren Personen eine Beziehung führt und sich ausserhalb des binären Geschlechterverständnisses positioniert.
SRF: Vor zwei Jahren haben Sie Ihre Maturaarbeit verfasst, sie wurde verlegt und zum Bestseller. Lassen Sie uns über Queerness in der Literatur sprechen. Inwiefern hat sich da etwas verändert?
R(onj)a Fankhauser: Es hat sich einiges verändert. Es gab immer queere Menschen, die über queere Menschen geschrieben haben. Die Veränderung ist jedoch, dass inzwischen in der Literatur glücklicherweise nicht immer nur weisse schwule Männer als Repräsentation geltend sind.
Es werden heute verschiedene Erfahrungen oder intersektionale Erfahrungen thematisiert. Das finde ich sehr wichtig. Es soll nicht um queeres Leiden gehen. Man soll schöne Geschichten über queere Personen schreiben.
Unser queeres Alphabet LGBTQI verstehen nicht alle. Was sagen Sie den Menschen, wenn sie auf Sie zukommen und damit überfordert sind?
Ich habe das Gefühl, dass ich sehr geduldig bin. Ich habe Verständnis dafür, dass man nicht alles weiss. Und gerade dieser Buchstabensalat ist ja eine grosse Sache – jeder Buchstabe hat eine eigene Bedeutung. Es gibt total viele verschiedene Identitäten, und das ist immer wieder sehr komplex.
Das Konstrukt Geschlecht ist für mich schädlich, nicht nützlich.
Darum finde ich es wichtig, den Leuten auch zu sagen, dass es ok ist, wenn sie es nicht verstehen. Alle Menschen verdienen es, dass man ihnen die Thematik geduldig erklärt.
Sie sind non-binär. Für Menschen, die sich mit unserer queeren Community nicht sehr auskennen: Wie fassen Sie Ihre Identität zusammen?
Für mich persönlich heisst non-binär zu sein, dass ich das Konstrukt von Geschlecht nicht auf mich anwende und mich nicht damit identifiziere.
Es gibt keine Person, die all meine Bedürfnisse erfüllen kann.
Das Konstrukt von Geschlecht, diese sozialen Rollenbilder, wende ich auf mich nicht an. Für mich ist das alles nur schädlich, nicht nützlich.
Eine polyamore Person liebt mehrere Menschen gleichzeitig. Weshalb ist das für Sie die richtige Beziehungsform?
Ich weiss, dass es keine Person gibt, die all meine Bedürfnisse erfüllen kann. Ausserdem will ich den Partnerinnen, die ich habe, nichts verbieten und sie nicht einsperren. Ich liebe diese Personen ja.
Ich möchte, dass die Personen so frei sein können, wie sie wollen. Das hat auch viel mit Vertrauen zu tun. Und auch damit, dass ich nicht glaube, dass Liebe eine endliche Ressource ist. Wenn ich jemanden liebe, heisst das nicht, dass ich jemanden anderes weniger liebe.
Uns wird eine klassische Zweierbeziehung vorgelebt. Braucht es Mut, aus diesem Schema auszubrechen?
Da ich sowieso schon queer bin, ist dieses «Zweier-Heteronom» nicht anwendbar für meine Beziehungen. Mit meiner ersten Freundin bin ich immer noch zusammen. Wir haben viel über die offene Beziehung gesprochen und dies dann auch ausprobiert.
Wir haben die Beziehung geöffnet und dann geschaut, wie es ist, wenn man mit mehreren gleichzeitig zusammen ist. Schliesslich haben wir verschiedene Formen ausprobiert. Ich war im passenden Umfeld, um ein wenig zu experimentieren.
Ihre Familie kennt mehrere von Ihren Beziehungspersonen. Wie darf ich mir das vorstellen?
Mit zwei Personen bin ich bereits seit fünf oder sechs Jahren zusammen. Meine Familie kennt beide Personen und versteht sich super mit ihnen. Das ist kein Problem und es ist schön so, wie es ist.
Das Gespräch führte Léa Spirig.