Es klingt ähnlich wie ein betrunkener Jodelchor, welcher vergnügt neben dem Takt die Tschinellen aneinander schlägt. Hinter dieser scheinbar unorganisierten Tonfolge steckt jedoch Zukunftsmusik: Forschende der Hochschule Luzern haben mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) einen Jodelsong generiert.
Noch näher an echter Musik ist ein KI-DJ, welcher an der Hochschule Luzern entwickelt wird. Dieser findet von allen eingespeisten Songs den nächst passenden und erstellt auch gleich einen flüssigen Übergang zwischen den Liedern. Projektmitarbeiter Fabian Gröger erklärt, «unser Ziel ist es, nicht die Künstlerinnen und Künstler auszubooten, sondern ein Tool zu schaffen, welches sie bei ihrer kreativen Arbeit unterstützt». Er sieht darin auch eine niedrigere Einstiegshürde für neue DJs.
Revolution in der Musikindustrie
Während Fabian Gröger forscht, kommt künstliche Intelligenz mit einem rasenden Tempo in der Musikindustrie an. Aktuellstes Beispiel sind die Beatles, respektive die Stimme von John Lennon. Die Technologie sei eingesetzt worden, um die Stimme des 1980 gestorbenen Sängers aus einem alten Demotape zu extrahieren, sagte Paul McCartney der BBC. Der neue Song soll noch dieses Jahr erscheinen.
Auch der virale Hit von «Drake» und «The Weekend» hörten vor kurzem Millionen Menschen. Dahinter stecken aber nicht die zwei Stars, sondern ein anonymer User, der angeblich mit künstlicher Intelligenz das Duett der zwei Musikgrössen kreiert hat. Das Resultat verblüfft selbst Experten.
Auch die Schweizer Musikproduzentin Sensu setzt auf KI, vor allem, um einzelne Musikspuren zu isolieren, «es ist schon krass, was diese Tools heutzutage können. Dinge, für die man früher Stunden brauchte, können nun in wenigen Minuten erledigt werden», sagt Sensu beeindruckt. In der Welt der elektronischen Musik werden solche Hilfen mit künstlicher Intelligenz bereits breit eingesetzt.
Noch nicht angekommen ist die aktuelle Technik im Schweizer Rapbusiness. «Ich stehe mehr auf eigene Kreationen», erklärt Rapper und Produzent EAZ. Mit seinem aktuellen Song «Juicy» hat er gerade die Charts in der Schweiz, Österreich und Deutschland erobert. Für ihn ist klar, «bis künstliche Intelligenz auf Schweizerdeutsch rappen kann, wird es noch eine Weile dauern».
Erstaunlicher Praxistest
Kann nun jede und jeder ins Musikgeschäft einsteigen? Laut KI-Experte Fabian Gröger ist zumindest die Einstiegshürde tiefer: «Früher brauchte man für einfache Dinge ein teures Equipment, heute gibt es dafür gute und günstige KI-Tools.» Im SRF-Test kann mithilfe von KI tatsächlich in wenigen Minuten ein Beat und eine Melodie produziert werden – erst beim Gesang zeigen sich Schwierigkeiten.
Dennoch, im Experiment zeigt sich deutlich, dass mithilfe von Bild-Generierungstools auch sehr kreative Wege gefunden werden können, um etwa ein Musikvideo oder ein Plattencover zu erstellen. So kann sich das Musik-Experiment am Ende vor allem sehen – und weniger hören lassen.
Zurück bei Fabian Gröger und der Entwicklung von künstlicher Intelligenz. Zurzeit überbieten sich die Anbieter täglich mit neuen Funktionen und Tools. Die Entwicklung verläuft rasend schnell – der nächste Quantensprung steht bald davor, wie auch Gröger sagt: «Zurzeit kämpft man noch mit der Qualität und den Vocals, aber auch diese Probleme werden in naher Zukunft wohl gelöst sein.»