Worum geht es? Ein renommiertes Expertenteam schätzt im Fachblatt «The Lancet», dass im Jahr 2100 weltweit nur noch sechs Staaten, u.a Samoa oder Tonga, über der Marke von 2.1 Kindern pro Frau liegen. Dieser Wert gilt allgemein als Schwelle, um die Bevölkerung durch Geburten langfristig auf einem konstanten Niveau zu halten.
Für die übrigen 198 Länder gehen die Forschenden davon aus, dass die im Jahr 2100 unter der Marke von 2.1 liegt. Die Zahl der Menschen dürfte dort langfristig sinken, wenn nicht durch Einwanderung gegengesteuert werde, schreibt das Team unter Leitung des Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME) der US-amerikanischen University of Washington in Seattle.
Welche Erkenntnisse sind speziell? Vor allem in Ländern südlich der Sahara wird es weiterhin vergleichsweise hohe Geburtenraten geben, heisst es in dem «Lancet»-Bericht. In diesen Staaten – viele davon politisch und wirtschaftlich instabil, hitzebelastet und mit maroden Gesundheitssystemen – dürfte die Bevölkerung im Laufe des 21. Jahrhunderts weiter wachsen. So geht das Forschungsteam davon aus, dass in etwa 75 Jahren mehr als die Hälfte aller weltweit geborenen Babys in Subsahara-Afrika zur Welt kommen.
Für 13 Länder prognostiziert der «Lancet»-Bericht eine Geburtenrate im Jahr 2100 von unter 1, darunter Südkorea oder Taiwan.
Wie lassen sich die Ergebnisse interpretieren? Grundsätzlich sieht Demografie-Expertin Catherina Hinz vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung die sinkenden Geburtenraten rund um den Globus positiv. Ein solcher Rückgang sei in der Regel ein Hinweis auf eine höhere Lebenserwartung und mehr Bildung für Frauen. Mit anderen Worten: «Verbesserungen bei den Lebensbedingungen gehen mit sinkenden Kinderzahlen einher.»
Problematisch werde es, wenn die Zahl unter das Bestandserhaltungsniveau für ein jeweiliges Land sinke. «Dies ist bereits in zwei Dritteln der Länder weltweit der Fall», so Hinz, und betreffe vor allem Industrieländer. «Dies führt dann zu Problemen, wie es sie auch in der Schweiz gibt: Dass wir weniger Kinder – sprich heute und später immer weniger Arbeitskräfte – haben, welche in die Pensionskassen einzahlen.»
Gibt es mögliche Lösungsansätze? «Zuwanderung und Förderung der sozialen Entwicklung in ärmeren Ländern sind zwei Möglichkeiten, diesen demografischen Wandel abzumildern», sagt Hinz. Zum Beispiel: Investitionen in die Stärkung der Partizipation der Frauen am Arbeitsmarkt, oder auch die Nutzung der Erfahrung älterer Arbeitskräfte. Nicht zuletzt würden sich auch Investitionen in die Bildung der jungen Generation lohnen.
Autoren der Studie warnen vor den Auswirkungen des Geburtenrückgangs auf die Weltwirtschaft. «Wir stehen im 21. Jahrhundert vor einem erschütternden sozialen Wandel», sagt IMHE-Forscher Stein Emil Vollset laut der Mitteilung zur Studie. Die Welt werde gleichzeitig mit einem Baby-Boom in einigen Ländern und einem Nachwuchsmangel in vielen anderen Ländern konfrontiert sein. Mitautorin Natalia Bhattacharjee ergänzt: Die Entwicklung werde «die Weltwirtschaft und das internationale Machtgleichgewicht völlig umgestalten und eine Neuordnung der Gesellschaften erforderlich machen». Es werde einen harten Wettbewerb um Migranten geben, um das Wirtschaftswachstum aufrechtzuerhalten.
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