Man nehme das gesamte monatliche Einkommen und verteile es auf verschiedene Umschläge – für die verschiedenen Ausgabeposten. Dieser Trend kursiert gerade in den Sozialen Medien und heisst Cash Stuffing (auf Deutsch: «Bargeld stopfen»). Das soll Schulden vermeiden. Doch was ist da dran? Philipp Frei von Budgetplanung Schweiz erklärt, ob diese Umschlagmethode tatsächlich etwas bringt.
SRF News: Wie oft begegnen Ihnen Jugendliche, die Cash Stuffing betreiben?
Philipp Frei: An unseren Kursen hören wir immer wieder mal von Jugendlichen, dass sie das machen. Aber es ist doch eher ein seltenes Phänomen.
Es ist wohl eine Art Gegentrend zu allem, was immer digitaler wird.
Nun gab es das aber schon früher. Warum taucht diese Umschlagmethode jetzt wieder auf und interessiert die heutigen Jugendlichen?
Es ist wohl eine Art Gegentrend zu allem, was immer digitaler wird. Der Vorteil ist: Ich sehe und fühle tatsächlich, was ich habe. Ich habe die Übersicht. Weil: Wenn das Couvert leer ist, dann ist halt auch nichts mehr zum Ausgeben da. Von daher vereinfacht es den Alltag ein wenig. Auch ein klassisches Haushaltsbuch zu führen, wie das unsere Eltern oder Grosseltern machten, kommt wieder zurück.
Interessieren sich denn die Jugendlichen heute wieder mehr fürs Budgetieren?
Für das Budgetieren vermutlich nicht. Aber man merkt schon, dass es komplizierter geworden ist, die Übersicht zu behalten: Es gibt viel mehr Arten, Geld auszugeben. Online, übers Telefon, über Twint, in bar. Kommt dazu, dass auch junge Erwachsene merken, dass Dinge teurer werden, dass das Geld ziemlich schnell weg ist, und dass man da nicht einfach ausgeben kann, wie man möchte, sondern planvoll und gezielt vorgehen muss.
Der neue Trend zu Bargeld steht also nicht für ein Misstrauen in die Banken?
Ich denke, das hat nichts mit einer Systemkritik zu tun, sondern eher mit der Frage, wie man am besten die Übersicht behält.
Würden Sie Cash Stuffing zum Budgetieren empfehlen?
Cash Stuffing selbst nimmt mir das Budgetieren nicht ab. Ich muss selbst überlegen, wie viel ich wofür ausgebe. Dies allein ist grundsätzlich sehr wertvoll. Es ist wichtig, ein System zu finden, das einem entspricht. Und wenn es einem hilft, dies mit Couverts zu machen, spricht sicher nichts dagegen.
Aber?
Wenn man sich Tipps in den sozialen Medien anschaut, wird der Trend sehr weit getrieben, mit 40 bis 50 verschiedenen Couverts. Ich glaube, das ist dann nicht mehr wirklich sinnvoll. Da kann man dann auch nicht mehr die Übersicht behalten. Aber wenn Cash Stuffing in einem vernünftigen Rahmen, mit Couverts für meine vier bis fünf grössten Ausgabeposten geschieht, dann ist das absolut kein Problem.
Es gibt viele Dinge, wie zum Beispiel Online-Einkäufe, die nur noch digital bezahlt werden können. Ein reines Cash Stuffing wird also schwierig werden.
Ist die Umschlagmethode überhaupt noch zeitgemäss?
Es scheitert vermutlich inzwischen an der Realität. Es gibt viele Dinge, wie zum Beispiel Online-Einkäufe, die nur noch digital bezahlt werden können. Ein reines Cash Stuffing wird also schwierig werden. Man kommt also nicht darum herum, nebst den Barausgaben auch sein Konto und die Onlineausgaben im Griff haben zu müssen. Das nimmt einem Cash Stuffing nicht ab. Aber für Kleinausgaben wie ein Coffee-to-go an der Tankstelle holen, noch kurz am Kiosk vorbeigehen, wo es extrem schwierig ist, die Übersicht zu behalten, da hilft es natürlich, wenn ich weiss, dass ich dafür ein Kuvert mit Geld habe. Wenn das leer ist, dann gibt es halt nichts mehr.
Das Gespräch führte Lea Saager.