Die Geschichten von Aussteigerinnen und Aussteigern aus dem orthodoxen Judentum wurden schon oft gezeigt – in Büchern, Medienberichten, Filmen und Serien.
So auch im erfolgreichsten Schweizer Kinofilm «Wolkenbruch» nach dem Roman von Thomas Meyer. Oder in der Verfilmung der autobiografischen Geschichte von Deborah Feldman, «Unorthodox», die von einer Aussteigerin aus der ultraorthodoxen Gemeinschaft handelt.
Die Geschichten jener, die sich bewusst für ein ultraorthodoxes Leben entscheiden, bleiben aber oftmals unerzählt. Shterny Bernstein, eine 24-jährige Frau, möchte dies ändern und öffnet dem Team von «SRF Impact» ihre Türen.
Shterny Bernstein ist jung, jüdisch und ultraorthodox. Sie trägt Perücke, kleidet sich fromm, lebt kosher und arbeitet in der jüdischen Gemeinschaft Chabad. Wenn sie in die Ferien fährt, nimmt sie Mahlzeiten mit – Restaurants sind tabu. Das nerve manchmal ein bisschen, sagt sie.
«Sind die Haare unter der Perücke abrasiert?»
Auf die Frage, ob ihre Haare unter der Perücke abrasiert seien, lacht sie: «Nein, ich habe lange Haare.» Es sei schade, dass auf Netflix und Youtube nur diejenigen mit abrasierten Haaren gezeigt würden. Die Perücke trage sie seit der Hochzeit, als Zeichen dafür, dass sie diesen Teil ihres Körpers ihrer Beziehung vorbehalten möchte.
Shterny Bernstein lebt ihre Religion auf ihre Art und Weise und ist nicht repräsentativ für die gesamte ultraorthodoxe Gemeinschaft. So auch, wenn es um ihre Kleidung geht: «Nur grau und schwarz zu tragen, finde ich Blödsinn», sagt Bernstein. «Eine Frau soll gut aussehen», aber bedeckt solle sie dennoch sein, sagt sie, als sie vor ihrem Kleiderschrank steht.
Diese Form von ultraorthodoxem Judentum hängt mit der Chabad-Gemeinschaft zusammen, in die Shterny hineingeboren wurde.
Die internationale Chabad-Bewegung hat ihren Sitz in Brooklyn, New York und sendet Rabbiner-Ehepaare in 70 Länder der Erde aus. Die Gemeinschaft betreibt eine Art innere Mission mit dem Ziel, weniger religiöse Jüdinnen und Juden zu Chabad zu holen.
Shterny Bernstein ist seit vier Jahren mit einem Rabbiner verheiratet. Die Ehe war arrangiert. Mithilfe eines «Matchmakers» wurde sie ihrem heutigen Ehemann, Nochum, vorgestellt. Teil dieser Verkupplung war auch eine intensive Recherche der Eltern.
Es wurden Hintergrundabklärungen gemacht, um herauszufinden, ob er ihren Vorstellungen entspricht. Nach den Abklärungen durften sie sich zum ersten Mal treffen. Shterny und Nochum verlobten sich nach einem Monat, wie Shterny lächelnd erzählt.
Nachdem sich die beiden in New York kennengelernt hatten, zogen sie nach Zürich, um da die Chabad-Gemeinschaft weiter zu etablieren.