Jonny Fischer wurde mit dem Duo «Cabaret Divertimento» zu einem der erfolgreichsten Komiker der Schweiz. Im Gespräch erzählt er, wie er gelernt hat, sich selbst zu akzeptieren, wie es um seine grosse Liebe steht und was er sich für seine Zukunft wünscht.
SRF: Jonny, hast du dich selbst gern?
Jonny Fischer: Ja, heute schon, aber ich musste lange, lange üben.
Wie übt man das?
Bevor ich ins Bett gehe, rede ich laut mit mir selbst. Ich zähle zehn Dinge auf, die heute besonders schön waren. Das kann auch mal ein Cordon bleu sein. So gehe ich ins Bett, mit dem Gefühl: Heute war ein toller Tag – obwohl auch vieles schiefgegangen ist. Und manchmal lobe ich mich selbst. Das kommt ja oft zu kurz bei uns.
Deine Kindheit war traumatisch, physische und psychische Gewalt gehörten zum Alltag. Später folgte das Coming-out. Darüber schreibst du in dem Buch «Ich bin auch Jonathan». Und dann noch ein Burn-out. Erschwert das die Selbstakzeptanz?
Ja, das denke ich schon. Das ist eine lebenslange Aufgabe für mich. Es ist etwas vom Schlimmsten, wenn Eltern ihr Kind nicht annehmen können, so wie es ist. Dann hat das Kind immer das Gefühl, falsch zu sein.
Wir sollten viel öfter offene, ehrliche Gespräche führen und über unsere Gefühle reden.
Hilft das Reden?
Auf jeden Fall. Ich rede mit vielen Menschen über meine Ängste, Schwächen und Selbstzweifel. Das tut gut. Nicht nur mir selbst, sondern auch allen anderen. Denn wir alle kennen das und sollten viel öfter offene, ehrliche Gespräche führen und über unsere Gefühle, über Zweifel, Ängste, Bedürfnisse reden.
Wie wichtig ist dafür dein Mann Michi?
Sehr wichtig, weil Michi auch mein bester Freund ist. Wir reden regelmässig miteinander so, dass jeder eine Viertelstunde lang redet, während der andere nur zuhört. Das bringt uns beide dazu, dass wir uns öffnen.
So kam dann auch die Idee einer offenen Beziehung auf?
Es ist eines dieser Dinge, die wir zusammen ausprobieren. Es ist ein Versuch. Wir sprechen immer offen miteinander und brechen den Versuch ab, sobald einer von uns findet, das geht für ihn nicht. Ich will unsere Partnerschaft weiterbringen und lebendig halten. Darum geht es.
Grosse Chancen entstehen erst, wenn man alte Türen schliesst.
Du bist mit deinem Bühnenpartner Manu Burkart als «Cabaret Divertimento» auf Abschiedstour, nach 25 Jahren. Warum ist jetzt Schluss?
Ich kenne dieses Gefühl aus meinem Leben, auch aus anderen Bereichen. Das Gefühl: Jetzt ist gut, es ist erfüllt. Oft verpassen wir Menschen leider diesen Moment, aus Angst und Trägheit. Mein Credo ist: Ich möchte mich bis zur letzten Show darauf freuen können. Wir haben alles gezeigt, was wir können. Mehr geht nicht.
Und was kommt danach?
Ich hatte noch nie in meinem Leben ein weisses Blatt vor mir. Es war immer klar, was als Nächstes kommt. Ich möchte mal an einem Samstag sagen können: Das ist meine allerletzte Show, und am Montag habe ich nichts, rein gar nichts. Ich glaube, grosse Chancen entstehen erst, wenn man alte Türen schliesst und frei ist.
Was wünschst du dir neben dem weissen Blatt für dein Leben?
Ich wünsche mir vor allem eines: heitere Gelassenheit. Und zwar in jeder Situation meines Lebens. Auch wenn ich gerade tieftraurig bin, möchte ich immer sagen können: Das Leben ist schön.
Das Gespräch führte Judith Wernli.