Eine moderne Chip-Fabrik, eine sogenannte Fab, kostet etwa gleich viel wie die Schweizer NEAT: rund 25 Milliarden Franken. Weltweit gibt es nur eine einzige Firma, die solche Fabriken bauen kann: das taiwanesische Unternehmen TSMC.
Abhängigkeit von Europa
Ob Apple, nVidia oder AMD – an TSMC kommt bei High-End-Chips niemand vorbei. Doch die Taiwanesen hängen wiederum von anderen Unternehmen ab, etwa vom niederländischen Unternehmen ASML, das das Herzstück jeder High-End-Fabrik herstellt: die Lithographie-Maschine. Das Gerät dient dazu, die komplexen Schaltpläne auf die Chips zu projizieren. ASML hat rund 15 Milliarden Euro in die neueste Generation dieser Technologie investiert und beherrscht den Markt zu 100 Prozent.
Extreme Technologie: Laser und Optik
Der Journalist Marc Hijink hat ein Buch zur Geschichte von ASMLverfasst und vergleicht das 400 Millionen Euro teure Gerät mit dem wichtigsten Gerät in einer Bäckerei: dem Ofen. Um das für die Projektion benötigte extrem kurzwellige Licht zu generieren, verdampft ein Laser winzige Zinntropfen bei 220'000 Grad zu einem Plasma. 50'000-mal pro Sekunde feuert der Laser – Jahr ein, Jahr aus.
Nur ein Unternehmen auf der Welt kann solche Laser herstellen – die deutsche Firma Trumpf aus Ludwigsburg. Und auch bei der Optik für die Projektion ist ASML auf deutsche Hilfe angewiesen, auf Zeiss aus Oberkochen. «Ein Brand bei ASML oder Zeiss wäre der globale GAU für die Chipindustrie», sagt Reinhard Voelkel, Physiker, Unternehmer und Investor.
Globales Netzwerk – ohne China?
85 Prozent aller Komponenten bezieht ASML von externen Partnern, erklärt Marc Hijink. Der Hightech-Konzern orchestriert eine komplexe Lieferkette und investiert Milliarden in die Entwicklung. Neben Lithographie-Maschinen brauchen Chip-Fabs noch unzählige andere Geräte – zum Beschichten etwa oder zur Qualitätskontrolle. Auch hinter der Beschaffung der Materialien steckt eine komplizierte Lieferkette.
Weil ASML zentral für die Chip-Produktion ist, hat die US-Regierung den Export der Technologie nach China verboten und will so verhindern, dass China Zugang zu leistungsfähigen KI-Chips bekommt.
Kann China aufholen und einen eigenen «Ofen» entwickeln? Ja, meint Autor Marc Hijink: Das sei eine grosse Sorge bei der ASML-Führung, dass die US-Exportregulierung China geradezu zum Aufholen motiviere. Auch Reinhard Voelkel ist überzeugt, dass China mit neuen Ideen einen Weg finden wird, um die Einschränkungen zu umgehen.
Drang zur Unabhängigkeit
Die USA und die EU versuchen, mit milliardenschweren Förderprogrammen der Abhängigkeit von Taiwan zu entkommen. Doch auf die Schnelle wird das nicht gelingen, allein schon wegen des Personalmangels: «In der amerikanischen Halbleiterindustrie wird die Hälfte der Mitarbeiter, die heute in dieser Industrie arbeiten, in den nächsten zehn Jahren in Pension gehen», so Reinhard Voelkel. Europa steht vor ähnlichen Problemen.
Auch im Kleinen hängt die Chipindustrie von Menschen ab. Bei ASML seien nur ein Mann und eine Frau in der Lage, an der Düse für die Lichtquelle zwei Drähte anzulöten, so Autor Hijink. Sein Fazit: «Zwei Mitarbeiter halten die Zukunft der weltweiten Halbleiterindustrie in ihren Händen.» Daran werden auch milliardenschwere Förderprogramme der USA und der EU so schnell nichts ändern.