Wenn verbrauchte Brennelemente aus dem Atomkraftwerk in Leibstadt ins Zwischenlager nach Würenlingen transportiert werden, will man sicher sein, dass die Behälter dicht sind – also keine radioaktive Strahlung abgeben. Dazu verwendet das Kernkraftwerk mobile Dosimeter. Diese Messgeräte müssen zweimal im Jahr getestet werden.
Seit 2016 aber wurden die Testprotokolle gefälscht. Der zuständige Mitarbeiter hat die Messgeräte nicht geprüft, sondern einfach fingierte Daten in die Protokolle geschrieben. Das teilten heute das Kernkraftwerk Leibstadt und das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat Ensi gleichzeitig mit.
Die bisher getroffenen Massnahmen bei den Problemen, die in Leibstadt im Bereich Mensch und Organisation bestehen, scheinen nicht zu fruchten.
Die Behörde und die Kraftwerkbetreiberin betonen, es habe zu keiner Zeit Gefahr bestanden. Denn obwohl die Geräte nicht getestet wurden, hätten sie einwandfrei funktioniert.
Probleme bei «Mensch und Organisation»
Trotzdem: Für die Atomaufsicht war dieser Vorfall im AKW Leibstadt einer zu viel. Er sei inakzeptabel, heisst es in einer ungewöhnlich scharf formulierten Mitteilung. Auch Ensi-Sprecher Sebastian Hueber wird deutlich: «Die bisher getroffenen Massnahmen bei den Problemen, die in Leibstadt im Bereich Mensch und Organisation bestehen, scheinen nicht zu fruchten.»
Es habe nun einen «erneuten Fall» gegeben. Das Ensi könne das so nicht tolerieren, stellt Hueber klar: «Aus diesem Grund wollen wir das mit dem Axpo-Management und der Kraftwerksleitung intensiv besprechen.»
Pannenserie in Leibstadt
Leibstadt kämpft seit Jahren mit Pannen. Es gab Ablagerungen an Brennstäben und Löcher in Stahlwänden. Das Atomkraftwerk war während Monaten wegen diverser Probleme ausser Betrieb.
Das Ensi bestellt nun die ganze Chefetage von Axpo und Leibstadt ein. Es will aber auch die eigenen Kontrollen verstärken – und allenfalls sogar internationale Experten für eine Kontrollmission nach Leibstadt einladen. Das gab es zuletzt vor sieben Jahren in Mühleberg.
Kraftwerkleiter will sich Kritik stellen
Der Ton bei der Atomaufsichtsbehörde ist harsch. Eher kleinlaut klingt hingegen Kraftwerksleiter Michael Kessler. Man akzeptiere die Vorwürfe des Ensi und stelle sich dem Gespräch, sagt Kessler.
Die betroffenen Messgeräte haben wir aus dem Verkehr gezogen und erneut geprüft.
Und: Man habe bereits auf den Vorfall reagiert: «Als erste Massnahme haben wir den Mitarbeiter freigestellt. Die betroffenen Messgeräte haben wir aus dem Verkehr gezogen und erneut geprüft.» Darüber hinaus würde man weitere Massnahmen im Prozess- und Mitprüfbereich sowie bei der Qualitätskontrolle anschauen.
Das AKW Leibstadt ist das jüngste aller Schweizer Kernkraftwerke. Es wurde erst 1984 in Betrieb genommen. Doch offensichtlich gibt es im jüngsten AKW Probleme bei den Menschen und in der Organisation, wie es die Aufsichtsbehörde formuliert. Die Sicherheitskultur müsse nachhaltig verbessert werden.