Die Darstellungen von coolen Menschen in der Werbung, die sich genussvoll eine Zigarette anzünden, sind in den letzten Jahren bereits stark zurückgegangen. Nun sollen sie ganz aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit verschwinden, wenn es nach der Volksinitiative «Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung» geht. Eingereicht worden ist sie von zahlreichen Gesundheits- und Jugendorganisationen.
«Der Bund verbietet jede Art von Werbung für Tabakprodukte, die Kinder und Jugendliche erreicht», lautet der Kernsatz des Volksbegehrens. Da Werbung Kinder und Jugendliche praktisch überall erreicht, käme dies faktisch einem flächendeckenden Werbeverbot gleich. Das wäre eine massive Änderung im Vergleich zu heute, da Tabakwerbung nur in Radio und Fernsehen untersagt ist.
Ratsmehrheit wohl gegen die Initiative
Die Gesundheitskommission des Nationalrats beantragt dem Rat mit deutlicher Mehrheit, die Initiative zur Ablehnung zu empfehlen. Sie dürfte sich im Plenum durchsetzen. Zum einen gebe es wirtschaftliche Argumente gegen die Initiative, sagte Komissionssprecher Lorenz Hess von der «Mitte»-Fraktion. Tabakprodukte seien legal und ein Werbeverbot ein allzu grosser Eingriff in die Wirtschafts- und Handelsfreiheit.
Es braucht kein Radikalverbot.
Zum anderen sei die Kommissionsmehrheit überzeugt: «Für einen echten Jugendschutz braucht es kein Radikalverbot.». Auch Andreas Glarner (SVP/GL) geht die Initiative viel zu weit. Man fühle sich als Raucher geradezu «geächtet, ausgestossen, gebrandmarkt», rief er in den Ratssaal. «Wie weit wollen Sie noch gehen – welche Gruppe ist als Nächstes dran?»
Tausende Tabaktote jedes Jahr
Unterstützung erhält die Volksinitiative von den Linksparteien. Für Flavia Wasserfallen von der SP geht es um die Vermeidung von unnötigen Todesfällen. In der Schweiz stürben jedes Jahr 9500 Menschen an den Folgen des Tabakkonsums, sagte die Berner Nationalrätin in der Debatte.
Das Parlament dürfte auf eine Lösung setzen, die irgendwo zwischen dem totalen Werbeverbot der Initiative und der heutigen Regelung liegt. Verankert werden soll sie im Tabakproduktegesetz, das parallel zur Verbotsinitiative von den Räten behandelt wird. Voraussichtlich in der Sommersession kommt das Gesetz wieder in den Ständerat.
Verschärfungen ja – aber welche?
Die kleine Kammer fährt in Sachen Werbeverbote eine restriktive Linie, die nahe bei der Volksinitiative ist. So will der Ständerat Tabakinserate in Zeitungen und Zeitschriften sowie Werbung im Internet ganz verbieten. Ausserdem soll Tabaksponsoring an Anlässen mit internationalem Charakter nicht mehr erlaubt sein. Weiterhin möglich wäre Werbung auf Plakaten und im Kino.
Allerdings muss sich der Ständerat in diesen Punkten zuerst mit dem Nationalrat einigen, denn dieser schlägt die genau umgekehrte Lösung vor: Er möchte ein Werbeverbot für Plakate und Kino. Dafür soll Werbung in der Presse und im Internet erlaubt bleiben.
Das letzte Wort ist also noch nicht gesprochen. Für das Schicksal der Tabakverbotsinitiative dürfte entscheidend sein, worauf sich die Räte im Tabakproduktegesetz einigen. Kommt dort eine griffige Lösung zustande, könnten die Initianten ihr Volksbegehren möglicherweise zurückziehen.