Am 11. Februar ist es 30 Jahre her, dass Nelson Mandela mit hocherhobener Faust durch das Gefängnistor bei Kapstadt geschritten ist. Fast ebenso lange hatte der berühmte Freiheitskämpfer hinter Gittern gesessen.
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Bild 1 von 9. Freiheitskämpfer, Friedensnobelpreisträger und Vorbild für Generationen von Südafrikanern: Nelson Mandela, hier auf einem Bild aus dem Jahr 2005, kämpfte Zeit seines Lebens gegen die Unterdrückung der schwarzen Bevölkerungsmehrheit in seinem Heimatland Südafrika. Bildquelle: Reuters.
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Bild 2 von 9. Für seinen Kampf gegen die Apartheit verurteilte ein Gericht Mandela 1964 zu lebenslanger Haft. Erst 1990, nach 27 Jahren in Haft, wurde er freigelassen. Die meiste Zeit der Gefangenschaft – 17 Jahre – verbrachte Mandela auf der Gefängnisinsel Robben Island vor Kapstadt. Im Bild: ein geöffneter Eingang nach Robben Island im Jahr 1999. Bildquelle: Reuters.
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Bild 3 von 9. 1998 besuchte der damalige US-Präsident Bill Clinton Südafrika. Mandela, damals ebenfalls Staatsoberhaupt, zeigte Clinton die Zelle, in der er die langen Jahre in Robben Island verbrachte. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 9. Clinton und Mandela warfen auch einen Blick durch das vergitterte Zellenfenster in Robben Island. 1988 wurde Mandela von dort ins Hochsichergefängnis Pollsmoor verlegt. Bildquelle: Reuters.
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Bild 5 von 9. Der Wandel in Südafrika setzte Ende der Achtzigerjahre ein – auch unter dem Druck des Auslands. 1990 kündigte der damalige Präsident de Klerk zunächst Reformen an und erfüllte damit wesentliche Forderungen des ANC. Wenig später kam auch Mandela frei. Im Bild ist er zu sehen auf einer Kundgebung am 1. April 1990 in Port Elizabeth. Bildquelle: Reuters.
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Bild 6 von 9. In den Jahren seiner Gefangenschaft wurde Mandelas damalige Frau Winnie (links) zur Stimme ihres Mannes. Kurz nach seiner Freilassung ging die 38jährige Ehe in die Brüche. 1996 wurden beide geschieden. Im Bild: Winnie Mandela und die gemeinsame Tochter Zinzi. Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 9. Eines der letzten offiziellen Bilder Mandelas entstand bei einem Besuch der damaligen US-Aussenministerin Hillary Clinton in Qunu im August 2012. Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 9. Südafrika ehrte seinen berühmtesten Staatsbürger 2012 mit einer Serie von Banknoten. Auf der Vorderseite ist ein Porträt Mandelas zu sehen, auf der Rückseite sind die «Grossen Fünf» abgebildet – die Wildtiere Elefant, Nashorn, Büffel, Löwe und Leopard. Bildquelle: Reuters.
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Bild 9 von 9. Mandela im Jahr 1961. Der damals 42-Jährige war nicht nur politisch aktiv, sondern galt auch als vielversprechender Schwergewichtsboxer. Bildquelle: Keystone.
Senzo Majozi war erst fünf Jahre alt, als Mandela aus dem Gefängnis entlassen wurde. Doch er erinnert sich, dass seine Eltern damals von einem Sieg über die Ungerechtigkeit, von Freiheit und Wohlstand für alle gesprochen hatten.
«Die Demokratie nützt nur gewissen Leuten»
Viel habe sich seitdem jedoch nicht verändert, meint er: «Bislang besteht die Demokratie für uns nur darin, dass Politiker kurz vor den Wahlen zu uns kommen und alles Mögliche versprechen. Danach verschwinden sie wieder in ihren Villen, die sich keiner von uns leisten kann. Die Demokratie nützt nur gewissen Leuten.»
Das Township Mzinyathi, in dem Majozi mit seiner Familie lebt, ist einer der vielen Orte in Südafrika, in denen die Bürger in den letzten Jahrzehnten immer wieder für ihre Grundrechte protestiert haben.
Südafrika seit dem Ende der Apartheid
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Bild 1 von 9. Beginn des Versöhnungsprozesses zwischen schwarz und weiss: Nelson Mandela wird am 11. Februar 1990 aus der Haft entlassen (hier mit seiner Frau Winnie). Der führende Anti-Apartheid-Kämpfer und Nationalheld hatte 27 Jahre im Gefängnis verbracht. Nach seiner Freilassung setzt er sich für eine Politik der Versöhnung ein. Bildquelle: Reuters.
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Bild 2 von 9. Für ihre Beiträge zur Beendigung der Apartheid erhalten Nelson Mandela und der südafrikanische Präsident Frederik Willem de Klerk 1993 den Friedensnobelpreis. De Klerk war lange ein Verfechter der Apartheid. 1990 kam es zum Gesinnungswandel – und zur Abschaffung der Apartheid-Gesetze. Bildquelle: Reuters.
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Bild 3 von 9. 27. April 1994: Die ersten freien Wahlen, an denen alle Bewohner des Landes teilnehmen können, finden statt. Der Afrikanischen Nationalkongress (ANC) – seit 1990 wieder erlaubt – erringt einen überwältigenden Wahlsieg und ist seitdem Regierungspartei. Mit der Wahl endet das rassistische Apartheidsystem. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 9. Nach dem Sieg des ANC bei den Wahlen wird Nelson Mandela am 9. Mai 1994 vom neuen Parlament zum ersten schwarzen Präsidenten des Landes gewählt. Er folgt auf Frederik de Klerk, der seit 1989 an der Spitze Südafrikas stand. Bildquelle: Reuters.
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Bild 5 von 9. 1999 wird Thabo Mbeki neuer Präsident Südafrikas. 2008 reicht er seinen Rücktritt ein, nachdem ihn seine Partei ANC zum Amtsverzicht auffordert. Mbeki wurde vorgeworfen, die Justiz des Landes für politische Zwecke missbraucht zu haben. Der ANC stürzt wegen der Affäre in eine Krise. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 9. Nachdem sich Jacob Zuma im parteiinternen Streit gegen Mbeki durchsetzen kann, wird er 2009 Präsident. Korruptionsvorwürfe gegen ihn erwiesen sich vor Gericht als haltlos. Bildquelle: Reuters.
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Bild 7 von 9. Trotz sozialer und politischer Missstände: Die grosse Mehrheit der schwarzen Wähler identifiziert sich weiterhin mit dem seit 1994 dominierenden ANC, dem Sieger über das rassistische Apartheid-System. Der ANC steht auch bei der kommenden Wahl vor einem klaren Wahlsieg. Bildquelle: Reuters.
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Bild 8 von 9. Auch nach 20 Jahren Demokratie und dem Ende der Vorherrschaft der Weissen, bleiben die sozialen Probleme des Landes gross. Millionen Südafrikaner leben in bitterer Armut. Die Arbeitslosigkeit liegt bei über 25 Prozent, 40 Prozent der Schwarzen sind ohne Arbeit. Bildquelle: Reuters.
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Bild 9 von 9. Am 27. April 2014 feiert Südafrika den 20. Geburtstag der ersten demokratischen Wahlen in Südafrika. Die Bevölkerung gedenkt auch dem kürzlich verstorbenen Nelson Mandela – dem Wegbereiter des versöhnlichen Übergangs von der Apartheid zu einem demokratischen Staatswesen. Bildquelle: Keystone.
Protestiert wurde für Häuser statt Hütten, für Strom, Wasser und Toiletten. Bei der Bildungspolitik habe die Partei Mandelas, der ANC, ebenso versagt wie auf dem Arbeitsmarkt. Seinen Job als Automechaniker hat er im Herbst verloren.
«Das Problem besteht darin, dass wir zwar die Apartheid der Regierung abgeschafft haben, nicht aber die Grundlagen der Ungleichheit in unserem Land. Wir werden das Gefühl nicht los, dass es uns während der Apartheid sogar besser ging als jetzt in der Demokratie.»
Schmiergelder und Verbindungen zum ANC
«Ich habe mich schon so oft beworben, aber am Ende bekommt immer jemand anderes den Job, selbst wenn er schlechter qualifiziert ist.»
Was zähle, seien Schmiergelder und gute Verbindungen zur Regierungspartei ANC, bemängelt Majozi und ist mit dieser Kritik nicht allein. Korruption und Vetternwirtschaft sind spätestens unter Ex-Präsident Jacob Zuma ausgeufert. Die ohnehin riesige Kluft zwischen Arm und Reich ist gewachsen, statt zu schrumpfen.
Die Zeit sei reif für einen Teil 2 des Freiheitskampfes für eine wirtschaftliche Befreiung, fordern vor allem junge Südafrikaner. Und das zu Recht, meint Politikwissenschaftlerin Lubna Nadvi: «In den 80er und 90er Jahren ging es darum, Strukturen wie die gesetzlichen Grundlagen der Apartheid abzuschaffen. Seit der Jahrtausendwende wächst das Bewusstsein dafür, dass wir andere Kämpfe wieder aufnehmen müssen, weil wir die grosse Ungleichheit in unserem Land noch immer nicht besiegt haben.»
Das sei auch Mandela anzukreiden, heisst es immer wieder. Dieser habe auf seinem Versöhnungskurs in der Wirtschaftspolitik ebenso wie bei der konfliktträchtigen Landfrage zu viele Kompromisse gemacht.
Nadvi weist diese Kritik jedoch zurück. «Auf dem afrikanischen Kontinent gibt es etliche Beispiele für langjährige Bürgerkriege. Das war damals auch hier eine reale Gefahr, die Mandela verhindert hat.» Der Traum, dass Südafrika die Regenbogennation sei, die alle Probleme in kurzer Zeit lösen könne, habe sich nicht erfüllt.
Die Stimmung im Land ist angespannt. Kriminalität und Proteste nehmen zu, das Vertrauen in die Regierung nimmt ab. Andererseits erweist sich die südafrikanische Demokratie als wehrhaft. Mit ihrer weitgehend unabhängigen Justiz, freien Medien und einer wachsamen Zivilgesellschaft. Die Bilanz ist 30 Jahre nach Mandelas Freilassung also durchwachsen.
Echo der Zeit, 7.2.2020, 18 Uhr