Wer bisher von der spanischen Seenothilfe «Salvamento Marítimo» aufgegriffen wurde, war praktisch am Ziel. Denn die Rettungsschiffe liefen immer spanische Häfen an. Auch wenn Marokkos Küste viel näher war.
Im Abkommen, von dem die grösste spanische Zeitung «El Pais» heute berichtet, wird das Verfahren neu definiert: Marokko und Spanien haben sich auf eine Zone geeinigt, in der die Küstenwachen beider Länder mit ihren Schiffen operieren.
Migrantinnen und Migranten, die gerettet werden, sollen dann in den nächstgelegenen Hafen gebracht werden, also nicht mehr zwingend nach Spanien. Das ist neu.
Mehr Euros für Marokko
Marokko ist Durchgangsland für viele Migrantinnen und Flüchtlinge aus Schwarzafrika und teils auch aus dem Nahen Osten. Immer, wenn in den letzten Jahren die Zahl der Migranten wuchs, verdächtigten die Spanier schnell Marokko und warfen der dortigen Regierung vor, die Zügel schleifen zu lassen. Es war immer klar, dass es in diesem Streit letztlich darum ging, Marokko für seine Unterstützung angemessen zu entschädigen.
Auch das wird im neuen Abkommen geregelt. Letztes Jahr beschloss die EU einen Betrag von jährlich 50 Millionen Euro. Nun aber soll es mehr sein. Dieses Jahr werden kurzfristig 140 Millionen Euro nach Marokko überwiesen. Wie gross die jährliche Zahlung danach sein wird, steht noch nicht fest.
Druck in Meerenge enorm gestiegen
Das Migrationsabkommen mit Marokko hat in Spanien aber auch eine innenpolitische Bedeutung. In den letzten drei Jahren hat sich die Immigration über die Meerenge von Gibraltar verdreifacht. Rund 60'000 Migranten wagten letztes Jahr die gefährliche Überfahrt auf meist hoffnungslos überfüllten Booten. 2300 Menschen verloren dabei ihr Leben.
Der wachsende Migrationsdruck wurde für Spaniens sozialistische Regierung zur politischen Belastung. Die Rechtsparteien erkannten in der Immigration ein willkommenes Thema, mit dem sie auf Stimmenfang gingen.
Bei den andalusischen Regionalwahlen im letzten Dezember verhalf ihnen dieses zum Sieg. Die Regierung in Madrid hofft darum, dass das neue Abkommen schnell und spürbar Wirkung zeigt, denn für Ende April sind nationale Wahlen angesagt.
Asylrechtliche Bedenken im Hintergrund
Das politische Kalkül hat zu einem Verfahren geführt, das in Spanien auch umstritten ist. Flüchtlingshilfsorganisationen kritisieren, dass mit der sofortigen Rückschaffung von Migrantinnen und Migranten auch Menschen abgeschoben werden, deren Anspruch auf ein Asylverfahren gar nicht erst geprüft wird. Aber solche Einwände gehen im derzeit lärmigen Politbetrieb Spaniens vermutlich ungehört unter.