Eben erst, im Frühling, wurde ein Loblied auf die UNO-Blauhelme angestimmt. UNO-Generalsekretär António Guterres unterstrich: «Seit 75 Jahren stehen sie Menschen in Konfliktgebieten rund um die Welt bei.» Mehr als zwei Millionen Soldatinnen und Soldaten dienten seit 1948 als Blauhelme in insgesamt 71 Missionen. Zeitweilig waren es mehr als 100'000 gleichzeitig.
Inzwischen sind es deutlich weniger. Und bis Ende 2023 muss nun der letzte Blauhelm aus einer der grössten, schwierigsten und gefährlichsten Operationen abziehen – aus Mali. Mehrere Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates hiessen den Abzug nur widerwillig gut, etwa Grossbritannien. Ein Abzug gerade jetzt sei keine gute Entscheidung, meinte die britische UNO-Botschafterin Barbara Woodward. Und ihr französischer Kollege Nicolas de Rivière mochte ausdrücklich nicht vom Scheitern der UNO sprechen.
UNO unterstützt den Friedensprozess
«Tatsächlich leistet die UNO viel für die Bevölkerung von Mali», findet auch Daniel Forti, Spezialist für Friedensoperationen bei der Denkfabrik International Crisis Group: «Sie unterstützte den politischen Friedensprozess, leistete humanitäre Hilfe und trug bei zur Entwicklung des Landes. Doch das 2021 mit einem Putsch an die Macht gelangte malische Militärregime forderte noch weitaus mehr von den Blauhelmen, nämlich einen rücksichtslosen Kampf gegen Dschihadisten und andere Widerstandsgruppen.»
Das jedoch hätte den Auftrag und die Möglichkeiten der Blauhelme gesprengt. Entsprechend war das Verhältnis zwischen den regierenden Putschisten und der UNO zunehmend zerrüttet. Und gegen den Willen des Gastlandes ist die Präsenz von UNO-Friedenstruppen unhaltbar.
Aufgabe der Blauhelme wird immer schwieriger
Die malische Regierung wandte sich für die Verteidigung ihrer Macht schon vor einiger Zeit an die russische Wagner-Gruppe. Söldner sind käuflich und tun genau das, was auch andere afrikanische Regime, etwa jenes in Zentralafrika wollen, nämlich ihre Macht verteidigen.
Daniel Forti: «Mal ist es die Wagner-Gruppe, mal sind es andere Söldnertruppen, mal Elitesoldaten aus befreundeten Ländern. Entsprechend wird die Rolle der Blauhelme in anderen Operationsgebieten immer schwieriger: in Kongo, im Südsudan, in Zentralafrika.»
Manche Missionen wurden bereits früher beendet – teils mit, teils ohne Erfolg: etwa in Sierra Leone, Liberia, im Sudan oder an der Elfenbeinküste. Die UNO kann und will oft nicht das leisten, was die jeweiligen Regierungen fordern. «Ihr Hauptauftrag ist es, Friedensprozesse zu unterstützen, Zivilisten zu schützen und gleichzeitig die Menschenrechte zu respektieren», sagt Daniel Forti.
Seit 2014 keine Blauhelm-Operationen mehr
Manche Machthaber haben jedoch ganz andere Prioritäten. «Wir erleben deshalb momentan wohl den Anfang vom Ende von grossen UNO-Friedensoperationen in Afrika», ist man bei der Crisis Group überzeugt.
Neue Blauhelm-Operationen wurden seit 2014 keine mehr beschlossen. Die bisherigen werden früher oder später beendet. Die UNO setzt nun vorläufig vielerorts auf eine bescheidenere politische Präsenz. Allerdings: Die Lage in vielen Ländern ändert sich rasch – vielleicht ergeben sich künftig doch wieder neue sinnvolle Einsätze für UNO-Blauhelme.