Das Institut für Demokratieforschung in Göttingen hat untersucht, wie sich die Alternative für Deutschland in den Landesparlamenten schlägt. Untersucht wurde die Arbeit der AfD in den Bundesländern Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Alexander Hensel, ein Mitautor der Studie, erklärt die wichtigten Erkenntnisse.
SRF: Wie haben die AfD-Abgeordneten ihre Aufgabe bis jetzt gemeistert?
Alexander Hensel: Wenn man sich etwa die kleinen Anfragen anschaut, die einfachste parlamentarische Initiative, dann sehen wir, dass die AfD relativ schnell mit einer hohen Zahl von kleinen Anfragen einsteigt. Diese steigen auch im Laufe der Legislaturperiode an. Zusehend öffnet sich die AfD auch für komplexere parlamentarische Initiativen wie etwa grosse Anfragen oder gar Gesetzesinitiativen. Letztere waren aber nach wie vor die Ausnahme der parlamentarischen Arbeit der AfD-Politiker.
Wir waren etwas überrascht, wie breit die AfD thematisch aufgestellt ist.
Was sind die Themenfelder der AfD?
Wir waren etwas überrascht, wie breit die AfD thematisch aufgestellt ist. Zumindest, wenn man die kleinen Anfragen der Abgeordneten anschaut. Themen wie Bildung, Infrastruktur, Soziales und Gesundheit spielen eine wichtige Rolle. Einen klaren Schwerpunkt gibt es aber nur im Bereich Innenpolitik. Die Anfragen gliedern sich auf in zwei Bereiche. Da ist einerseits die innere Sicherheit, etwa die Frage nach der Ausstattung der Polizei. Andererseit ist da die Asyl- und Migrationspolitik. Im Speziellen haben sich die AfD-Poltiker für die Kosten der Asyl- und Migrationspolitik interessiert. Sie wollen vermeintliche oder echte Folgekosten der Asylpolitik offengelegt haben.
Speziell ist der Themenfokus. Die Themen, welche die AfD-Parlamentarier aufgreifen, werden von den andern Parteien nicht vertreten.
Die AfD positioniert sich oft als Anwalt der Bürger. Wie hat sich das in der politischen Arbeit konkret gezeigt?
Die AfD versuchte eine ganze Reihe lokaler Konflikte auf die landespolitische Ebene zu heben. Etwa Konflikte beim Bau von Umgehungsstrassen, beim Bau von Windkraftanlagen, bei den Asylunterkünften. Auf der anderen Seite versucht die AfD im Land landespolitische Skandale voranzubringen. Das gelingt ihr freilich nicht immer. Aber wir konnten in zwei von drei Ländern feststellen, dass die AfD dazu erheblichen politischen Druck ausüben konnte.
Regionale Konflikte zum Thema machen ist die Arbeit von allen regionalen Parlamenten. Was ist da so speziell bei der AfD?
Speziell ist der Themenfokus. Die Themen, die sie aufgreifen, werden von den andern Parteien nicht vertreten. Das heisst, die AfD versucht Politik-Felder abzustecken, die in ihren Augen zu wenig verarbeitet sind.
Es gelingt der AfD immer wieder, sich als Opfer zu stilisieren und ihr Gegenüber als Kartellparteien zu brandmarken.
Die etablierten Parteien in Deutschland ignorieren die AfD oft, grenzen sie aus. Hat sich diese Strategie auch im alltäglichen Geschäft in den Landtagen gezeigt?
Die etablierten Parteien wechselten zwischen Aus- und Abgrenzung hin- und her. In allen Bundesländern konnten wir zudem eine Polarisierung beobachten. Die AfD prescht mit Provokationen und mit bewussten Tabubrüchen vor, um Aufmerksamkeit der Medien und der Öffentlichkeit zu generieren. Darauf reagieren wiederum die etablierten Parteien relativ scharf. Es kommt zu einer Polarisierung zwischen den Etablierten und der AfD in den Landesparlamenten. Das führt einerseits dazu, dass die AfD auf an den Rand gedrängt wird und aus der Ecke heraus immer schärfer agiert. Andererseits ermöglicht dieses Vorgehen es der AfD immer wieder, sich als Opfer zu stilisieren und ihr Gegenüber als Kartellparteien zu brandmarken.
Welche der etablierten Parteien geriet wegen der AfD in den Landtagen politisch am meisten unter Druck?
Zwischenzeitlich war das vor allem die CDU. Die AfD hat sich deutlich rechts von der CDU positioniert. Es ist ihr in verschiedenen Debatten um Migration und Asyl gelungen in der CDU Unruhe zu stiften.
Das Gespräch führte Nicoletta Cimmino.