Lange haben sie auf diesen Tag gewartet – die Angehörigen der 228 Opfer des Flugzeugabsturzes vom 1. Juni 2009.
Für Ophélie Toulliou von der Vereinigung der Opferfamilien ist es ein schwieriger, aber wichtiger Moment: «Wir sind überzeugt, dass es genügend Gründe gibt, Airbus und Air France zu verurteilen. Dass es echte Versäumnisse seitens der Fluggesellschaft und des Herstellers gegeben hat.»
Von Radarschirmen verschwunden
Endlich könne man den beiden Unternehmen Fragen stellen zu ihrer möglichen Verantwortung für den Unfall. Die 36-jährige Französin hat ihren Bruder beim Unglück verloren. Nicolas Toulliou war geschäftlich in Rio de Janeiro unterwegs und hatte seinen Abflug um einen Tag verschoben, um die Stadt zu besichtigen.
Die Air-France-Maschine des Flugs AF 447 war am 1. Juni 2009 auf dem Weg von Rio in die französische Hauptstadt von den Radarschirmen verschwunden.
Vereiste Pitot-Sonden im Zentrum
Auswertungen der Blackbox zeigten, dass das Flugzeug sich in einem Sturm befand, als die Pitot-Geschwindigkeitssonden ausfielen. Die Piloten verloren darauf die Kontrolle über die Maschine, und in weniger als fünf Minuten stürzte der Airbus A330 in den Atlantik. Alle Personen an Bord kamen beim Absturz ums Leben.
Airbus hat die Suche nach einer Lösung immer wieder vertagt. Und Air France wartete auf eine Lösung von Airbus.
Airbus wird vorgehalten, die Folgen eines Ausfalls der Pitot-Sonden für die Geschwindigkeitsmessung unterschätzt zu haben. Air France soll seine Piloten nicht ausreichend geschult und auf eine Extremsituation wie bei dem Unglücksflug vorbereitet haben.
«Airbus hat die Suche nach einer Lösung immer wieder vertagt. Und Air France wartete auf eine Lösung von Airbus», sagt Sébastien Busy, Anwalt der Zivilkläger.
Das auf neun Wochen angesetzte Verfahren folgt auf ein jahrelanges juristisches Tauziehen. 2019 hatten Ermittlungsrichter ein Verfahren abgewiesen. Erst ein Berufungsgericht ordnete den Prozess gegen die Konzerne dann im vergangenen Jahr an.
Konzerne sehen sich nicht als verantwortlich
Air France und Airbus müssen sich wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung vor Gericht verantworten. Den Unternehmen drohen in dem Verfahren Geldstrafen von bis zu 225'000 Euro.
Beide Konzerne sehen menschliches Versagen als Ursache des Absturzes, sie weisen jegliche strafrechtliche Verantwortung für das Flugzeugunglück mit 228 Toten von sich.
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Bild 1 von 7. Bei dem Flug am Pfingstmontag 2009 vereisten die Pilot-Sonden. In einem Expertengutachten hiess es 2012, die Crew sei danach mit der Lage überfordert gewesen. Eigentlich sei die Situation beherrschbar gewesen. Bildquelle: Keystone/Archiv/BRAZILIAN AIR FORCE.
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Bild 2 von 7. Der Prozess gegen die Verantwortlichen der Air France und Airbus soll neun Wochen dauern. Bildquelle: Keystone/CHRISTOPHE PETIT TESSON.
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Bild 3 von 7. Offiziellen Angaben zufolge zeigen die Flugschreiber, dass der Kapitän erst ins Cockpit kam, nachdem die Maschine ihren verhängnisvollen dreieinhalbminütigen Sinkflug begonnen hatte. Nach den damaligen Erkenntnissen der französischen Flugunfalluntersuchungsbehörde, hatte sich der Kapitän ausgeruht, als der Notfall eintrat. Bildquelle: Keystone/Archiv/emma forster.
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Bild 4 von 7. Die Air-France-Maschine des Todesflugs war am 1. Juni 2009 auf dem Weg von Rio in die französische Hauptstadt von den Radarschirmen verschwunden. Der Airbus vom Typ A330 stürzte rund 660 km nördlich der brasilianischen Küste in den Atlantik. Bildquelle: Keystone/Archiv/AP Brazil's Navy.
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Bild 5 von 7. Die Bergungsarbeiten nördlich der brasilianischen Küste liefen unter französischer Leitung. Bildquelle: Keystone/Archiv/BEA/MT PESCHEL.
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Bild 6 von 7. Mitbeteiligt an den Bergungsarbeiten ist auch das brasilianische Militär. Die brasilianischen Suchmannschaften haben 41 Leichen aus dem Meer geborgen und einige von ihnen auf die Inselgruppe Fernando de Noronha vor der Nordostküste Brasiliens gebracht, die als Basis für die Suchaktion diente. Bildquelle: Reuters/Archiv/Stringer Brazil.
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Bild 7 von 7. Die Bergungsarbeiten der Wrackteile dauerten mehr als zwei Jahre. Bildquelle: Keystone/Archiv/ERALDO PERES.