- Gerichtsvollzieher haben in Moskau die Wohnung des vergifteten russischen Kremlgegners Alexej Nawalny beschlagnahmt.
- Nach Angaben einer Sprecherin Nawalnys wurden auch seine Bankkonten eingefroren.
- Hintergrund sind demnach Recherchen gegen einen russischen Milliardär und ehemaligen Koch von Wladimir Putin mit Mitteln eines Fonds, an dem Nawalny beteiligt ist.
Die Aktionen seien ein weiteres Negativbeispiel für das Vorgehen der russischen Justiz, sagte seine Sprecherin Kira Jarmysch in einem am Donnerstag veröffentlichten Videoclip. Die Justiz habe sich zu dem Schritt entschlossen, als Nawalny in Deutschland im Koma gelegen habe.
Ein Gericht hatte Nawalnys Fonds zur Bekämpfung von Korruption (FBK) mit einer Strafe von 88 Millionen Rubel (gut eine Million Schweizer Franken) belegt, nachdem die Juristin Ljubow Sobol einen Skandal bei der Abwicklung eines Staatsauftrags für die Schulspeisung aufgedeckt hatte.
Nawalnys Anteil liege bei rund 30 Millionen Rubel, hiess es, weshalb es die Gerichtsvollzieher jetzt auf Nawalnys Eigentum abgesehen haben. Nach seiner Rückkehr kann Nawalny in der Wohnung zwar wohnen. Aber er kann sie zum Beispiel nicht mehr verkaufen, wie Jarmysch erklärte. Die Wohnung liegt im bevölkerungsreichsten Moskauer Stadtviertel Maryino.
Milliardär und Putin-Freund im Visier
Der Fonds FBK nimmt seit längerem die Machenschaften des Milliardärs Jewgeni Prigoschin unter die Lupe, der einst Koch bei Kremlchef Wladimir Putin war und nun immer wieder lukrative Aufträge etwa in der Schulspeisung bekommt. Nawalnys Team wirft Prigoschin nicht nur Korruption vor, sondern hinterfragte auch die Qualität des Essens, nachdem bei Kindern massive Gesundheitsprobleme aufgetreten waren. Prigoschin klagte und gewann das Verfahren in den in Russland als käuflich verschrieenen Gerichten.
Nawalnys Sprecherin sagte weiter, dass sich auch im Fall der umstrittenen Schulspeisung die Justiz nicht um die Gesundheit der Kinder kümmere, sondern lediglich um Prigoschin.
Der Unternehmer, der immer wieder ins Visier von Nawalny gerät, gilt aus Sicht des Teams als ein möglicher Hintermann des Giftanschlags auf Nawalny. Der Unternehmer hatte die medizinische Behandlung seines Kritikers in der Berliner Charité bezahlen wollen, allerdings wurde das Geld zurücküberwiesen.
Nawalny noch nicht bei «100 Prozent»
Nawalny hält sich nach wie vor in Deutschland auf und erholt sich von einem Giftanschlag. Der Nawalny nahe stehende Aktivist Jaka Bizilj hatte zuvor bekannt gegeben, dass der Kremlkritiker nach Russland zurückkehren wolle. Der 44-Jährige brauche aber noch mindestens einen Monat, um sich zu erholen.
«Er ist immer noch nicht wieder zu hundert Prozent wie vorher», sagte der Filmproduzent und Gründer der Organisation Cinema for Peace in Berlin. Nawalnys Team habe deutlich gemacht, dass der Oppositionspolitiker nach Russland zurückkehren und sein Engagement dort fortsetzen werde. Biziljs Organisation hatte massgeblich dabei geholfen, Nawalny nach der Vergiftung aus Russland zur Behandlung in die Berliner Charité zu bringen. Inzwischen hat Nawalny das Krankenhaus verlassen.