Celia Umenza hat drei Attentate überlebt. Das letzte 2014 in Cauca, im Südwesten Kolumbiens. Unbekannte schmissen einen Mörser in ihren Garten. Im kolumbianischen Fernsehsender «El Espectador» sagt sie: «In dem Moment, als der Mörser explodierte, wurden wir vom Druck weggeschleudert. Ich dachte, das ist mein Ende. Ich konnte gerade noch mit meinen beiden Neffen in einen Wassertank kriechen.»
In dem Moment, als der Mörser explodierte, wurden wir vom Druck weggeschleudert.
Celia Umenza ist 48 Jahre alt und eine wichtige Stimme beim Kampf gegen Goldschürfer, Bergbau und Wasserverschmutzung. Dieser Einsatz – und der von hunderten anderen Umweltschützerinnen und Umweltschützern – ist lebensgefährlich.
«Umweltschützer stehen handfesten Interessen gegenüber», sagt Stefan Peters, wissenschaftlicher Direktor des Deutsch-Kolumbianischen Friedensinstituts CAPAZ und Professor für Friedensforschung.
«Es gibt in Kolumbien und in anderen lateinamerikanischen Ländern das Entwicklungsmodell des sogenannten Extraktivismus.» Dieser basiert auf der Ausbeutung und dem Export von Rohstoffen. «Dagegen sperren sich die Umweltschützerinnen und Umweltschützer häufig. Und das sind letztlich eben auch handfeste ökonomische Interessen, denen sie gegenüberstehen», so Peters.
Kriminelle stören sich an Aktivisten
Die Umweltschützer stellen sich illegalen Geschäften in den Weg. Sie gelten als Störenfriede und sollen darum eliminiert werden. Hinter den Gewalttaten stecken meist kriminelle Banden, paramilitärische Gruppen und Rebellen.
Der Kampf gegen Raubbau an der Natur wird immer gefährlicher: Im vergangenen Jahr sind weltweit 227 Umweltschützer getötet worden, das waren mehr als vier Morde pro Woche und mehr als jemals zuvor. Das teilte die Nichtregierungsorganisation Global Witness in einer neuen Studie mit.
Corona habe die Situation verschärft, erklärt Stefan Peters. «Verschiedenste Institutionen, NGOs, kirchliche Organisationen, Journalistinnen und Journalisten waren einfach nicht in der Lage, in den besonders abgelegenen Gebieten weiterzuarbeiten und sie haben sich häufig zurückgezogen. Diejenigen, die sonst durchaus einen gewissen Schutz bieten können, waren nicht mehr da.»
Durch die strikten Ausgangsbeschränkungen wechselten die Aktivistinnen und Aktivisten zudem nicht mehr so oft den Ort, sie waren meistens zu Hause und so wussten die Täter genau, wo sie sind.
Kolumbien ist das gefährlichste Land der Welt für Umweltschützerinnen und Umweltschützer. Die Gewalt ist nach Abschluss des Friedensabkommens vor fünf Jahren kontinuierlich angestiegen. Nach der Entwaffnung und dem Abzug der ehemaligen Farc-Rebellen blieb eine Art Niemandsland zurück, welches von neuen Banden kontrolliert wird. Viel mehr Akteure verfolgen nun ihre Interessen.
Die Kämpfe müssen weitergehen.
Einschüchtern lässt sich die Überlebende Celia Umenza nicht. «Wir sind Menschen, natürlich macht uns die Gewalt Angst, aber wir verteidigen das Erbe so vieler Männer und Frauen. Unser Kampf darf nicht enden, wenn jemand stirbt. Die Kämpfe müssen weitergehen.»
Schutz durch Behörden
Die kolumbianischen Behörden bieten den Aktivisten kugelsichere Westen und Fahrzeuge und seit kurzem auch eine besondere App an: Die Umweltschützerinnen und Umweltschützer können auf ihrem Smartphone auf einer App einen Panikknopf einrichten. Den lösen sie bei Gefahr aus.
Nur geht es zum Teil – in diesen abgelegenen Gebieten – Stunden bis die Polizei vor Ort ist. Das ist dann meistens zu spät.