Über die Spur dubioser AfD-Spenden in die Schweiz will er sich nicht äussern. Und auch nicht über die falschen Spendernamen. Es sei ein laufendes Verfahren, sagt Alexander Gauland. Aber er erzählt, dass er als Jugendlicher in der DDR öfters Radio Beromünster gehört habe. Das sei weniger gefährlich gewesen als das Abhören westdeutscher Medien. Und ist weniger brisant als die AfD-Spendenaffäre.
Die AfD hat in den letzten Jahren einen beispiellosen Erfolg eingefahren: Vor der Flüchtlingskrise 2015 war sie in einer Existenzkrise. Jetzt, dreieinhalb Jahre danach, sitzt die AfD nicht nur im Bundestag, sondern in allen 16 Landtagen. Welche Gesetze tragen die Handschrift der AfD? «Keine konkreten Gesetze. Schon deswegen nicht, weil die anderen niemals bei unseren Vorschlägen mitmachen würden», so Gauland.
Die Willkommenskultur gekillt
«Aber es gibt eine Stimmung im Lande, die sagt: Ja, diese ganze Willkommenskultur war ein schwerer Fehler – das ist unser Erfolg», fährt Gauland fort. Die AfD habe also die Willkommenskultur politisch gekillt; nichts weniger als das nimmt der 78-Jährige für die AfD in Anspruch.
Und sie habe der Europaskepsis im Bundestag eine politische Stimme gegeben: «Es waren sich alle immer einig: Möglichst viele Flüchtlinge, möglichst viel Europa. Jetzt kommt eine Partei, die sagt: Möglichst wenige Flüchtlinge, nur das Europa, das sinnvoll ist. Das verändert natürlich das Klima im Lande.» Viel Selbstbewusstsein also.
Sorgen bereitet ihm nicht nur die Spendenaffäre, sondern auch eine mögliche Überwachung durch den Verfassungsschutz: «Beamte, Hochschullehrer, Zeitsoldaten würden gewisse Schwierigkeiten haben, in der Partei tätig zu sein. Ich sorge mich langfristig um die Zusammensetzung der Partei.»
Vielleicht stapelt Gauland bewusst tief. Dass die AfD im Falle einer Überwachung Wähler verlieren könnte – Gauland winkt ab: «Gerade im Osten erinnern sich viele an die Spätphase der Stasi und sagen deshalb: Jetzt erst recht.» Er betont, die AfD stehe auf dem Boden der Verfassung. Aber die Stasi und den Verfassungsschutz, also DDR und Bundesrepublik, nennt er locker in einem Atemzug.
Die Sache mit dem Vogelschiss
Apropos starke Worte: «Es gibt keine Rhetorik, die mit dem Nationalsozialismus kokettiert. Das sind zum Teil völlig unberechtigte Vorwürfe. In Deutschland muss man sich mit seiner historischen Vergangenheit auseinandersetzen. Und da kann auch mal etwas gesagt werden, das höchst problematisch ist.»
Höchst problematisch war die Bemerkung von Gauland selbst, als er Hitler und die Nazis nur als einen Vogelschiss in der tausendjährigen deutschen Geschichte bezeichnete. Die Diskussion über eine Nähe zur Nazirhetorik folgt auch hier den typischen Argumentationslinien der AfD: «Ich habe den Vogelschiss in keiner Weise bagatellisierend gemeint, sondern habe eine verachtungsvolle Metapher gesucht. Die Metapher ist schiefgegangen.»
Aber Vogelschisse sind doch immer verharmlosend? «Nein. Es bezieht sich ja in keiner Weise auf die Verbrechen der Nazis, sondern auf die Zeitdauer. Ich vergleiche den zwölf Jahre andauernden Nationalsozialismus mit tausend Jahren deutscher Geschichte, die in vielem sehr erfolgreich war.» Nicht so gemeint, heisst es immer. Und wer beim Begriff tausendjähriges Reich an Nazis denkt, ist selber schuld.