Worum geht es beim «Global Gateway»? Mit hunderten Milliarden Euro will die EU ihren Einfluss in der Welt ausbauen. Rund 300 Milliarden Euro will sie in den kommenden sechs Jahren in Entwicklungs- und Schwellenländern investieren. Hintergrund ist der wachsende Einfluss Chinas in Afrika und Südasien: Das «Neue-Seidenstrasse-Programm» machte in den letzten Jahren den Einfluss von Europas strategischem Rivalen immer deutlicher. Die EU will nun – reichlich spät – aufholen und ein Gegengewicht schaffen, vor allem mit der Förderung von Projekten, die den Umwelt- und Klimaschutz stärken.
Warum lanciert die EU das Programm? Auf keiner offiziellen Mitteilung der EU wird China erwähnt. Aber es ist kein Geheimnis, dass «Global Gateway» der Versuch der EU ist, ein Gegengewicht zum steigenden Einfluss Chinas überall in der Welt zu schaffen. Die EU und viele EU-Mitgliedsländer investieren seit vielen Jahren grosse Summen in Förderprojekte in zahlreichen Ländern in Afrika oder Asien. Diese Investitionen werden aber kaum als Beitrag Europas wahrgenommen. Das möchte die EU jetzt ändern. «Tue Gutes und sprich darüber» – das ist die neue Losung. Mit dem Programm möchte die EU auch als Machtfaktor im globalen Wettstreit der Grossmächte wahrgenommen werden. Wie China oder die USA will auch die EU ihren Einfluss auf die Weltpolitik ausbauen.
Wohin fliessen die Milliarden? Kredite der EU, der Europäischen Investitionsbank, werden an private Gelder gekoppelt und sollen in erster Linie in nachhaltige Projekte fliessen. Es soll zum Markenzeichen der EU werden, dass sie einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz leistet. Im Vordergrund stehen darum Investitionen in nachhaltige Transportsysteme, primär in den Ausbau von Schienennetzen. Denkbar sind auch Investitionen in den Ausbau von alternativen Energiequellen (Solar-, Wind- und Wasserkraft) und die Förderung einer klimaneutralen Produktion von Wasserstoff. Auch der Ausbau von Datennetzen soll gefördert werden, also von Glasfaser- und Mobilfunknetzen für schnelle Internetverbindungen.
Warum ist die Initiative umstritten? Grundsätzlich sind sich zwar alle einig, dass es eine solche europäische Investitionsoffensive mit globalen Ambitionen braucht. Im Detail gibt es aber schon jetzt viel Kritik. Das Programm sei zu klein, also mit zu wenig Geld hinterlegt, kritisieren zum Beispiel Abgeordnete im EU-Parlament. Sie kritisieren zum Teil auch, dass es zu Doppelspurigkeiten kommen werde, da einzelne EU-Länder weiterhin direkt selber mit Investitionen in bestimmten Regionen Einfluss nehmen wollen. Das Programm führe daher kaum zu mehr positiver Wahrnehmung der EU. Es fehlten klare Prioritäten. Auch andere Sachverständige relativieren die Wirkung des Programms.
Wie agiert China? Kritiker verweisen darauf, dass China in Afrika in absoluten Zahlen weniger investiere als die EU, aber deutlich mehr staatliche Dienstleistungen exportiere. Peking stellt etwa günstige Kredite für den Bau einer Eisenbahnlinie zur Verfügung, gekoppelt an die Verpflichtung, dass chinesische Baufirmen die Arbeiten ausführen: China gewinnt dadurch doppelt. Der Ansatz der EU, Investitionen zu fördern, aber private Auftragnehmer die Projekte realisieren zu lassen, sei zu naiv. Es fehlten Garantien, dass europäische Unternehmen davon profitierten, mahnen Wirtschaftsverbände an. Sie verlangen – analog zum Ansatz von China – Garantien für Gegengeschäfte von jenen Ländern, die von EU-Investitionen profitieren.