- Die USA haben allen diplomatischen Gepflogenheiten zum Trotz den amtierenden europäischen Generaldirektor einer UNO-Organisation in einer Kampfabstimmung herausgefordert und gewonnen.
- Der Portugiese Antonio Vitorino muss seinen Posten als Direktor der UNO-Organisation für Migration (IOM) für seine bisherige amerikanische Stellvertreterin Amy Pope räumen.
Vitorino bekam in einer ersten geheimen Abstimmungsrunde weniger Stimmen als Pope und zog sich aus dem Rennen zurück, wie die IOM mitteilte. Pope wurde anschliessend mit der nötigen Mehrheit der 175 Mitgliedsländer gewählt. Sie tritt ihr Amt am 1. Oktober an.
USA wollte Scharte auswetzen
Das Verfahren ist völlig unüblich. Der seit 2018 amtierende Vitorino hatte sich um eine zweite Amtszeit beworben. Diplomaten in Genf bescheinigten ihm eine erfolgreiche Amtsführung. Normalerweise ist das Bestätigen für eine zweite Amtszeit dann reine Formsache.
Allerdings war Vitorinos Wahl 2018 eine herbe Niederlage der USA vorausgegangen, die Washington nun offenbar auswetzen wollte. Die Amerikaner verloren damals den IOM-Chefposten, den sie in der gut 70-jährigen Geschichte der Organisation fast immer innehatten. Nach einem ungeschriebenen Gesetz stellten sie als grösster Beitragszahler in der Regel den Generaldirektor.
Aber der Kandidat des damaligen US-Präsidenten Donald Trump fiel durch. Der lange als Missionar tätige Ken Isaacs hatte sich früher in sozialen Netzwerken kritisch über den Islam geäussert und den menschgemachten Klimawandel in Zweifel gezogen.
Mitarbeit in Obama- und Biden-Regierung
Pope war im September 2021 als Vizechefin zur IOM gekommen. Die Juristin war in den Regierungen von US-Präsident Barack Obama und Joe Biden in verschiedenen Rollen mit Migrationspolitik beteiligt.
Die IOM kümmert sich um Migrantinnen und Migranten. Sie hat 19'000 Mitarbeiter und Büros in 171 Ländern. Sie hilft unter anderem Gestrandeten bei der Rückreise in ihre Heimat und berät Regierungen im Umgang mit Migranten und unterhält in Berlin ein Datenzentrum, das Statistiken über umgekommene und vermisste Migranten und Migrantinnen in aller Welt führt.
