- In Polen sind Hunderttausende Menschen gegen die Politik der nationalkonservativen Regierungspartei PiS auf die Strasse gegangen.
- Dichtgedrängt zogen die Teilnehmer des Protestmarsches durch das Zentrum von Warschau.
- An der Demonstration nahm auch der Friedensnobelpreisträger und einstige Chef der Gewerkschaft Solidarnosc, Lech Walesa, teil.
Die Demonstranten trugen Plakate mit der Aufschrift «Europa, wir entschuldigen uns für die PiS», «Abrakadabra – weg ist das PiS-Makaber» und «PiS ins Pissoir».
Wir sind heute hier, damit ganz Polen, ganz Europa, die ganze Welt sehen kann, wie stark wir sind, wie viele von uns bereit sind, für Freiheit und Demokratie zu kämpfen, so wie vor 30 und vor 40 Jahren.
Zu dem Protest hatte der frühere Regierungschef und Oppositionsführer Donald Tusk von der liberalkonservativen Bürgerplattform aufgerufen. Aber auch andere Oppositionsparteien schlossen sich an. Veranstalter und Polizei machten zunächst keine Angaben zur genauen Zahl der Demonstranten.
Die Veranstalter sprachen von 500'000 Teilnehmern, die Nachrichtenagentur PAP berichtete unter Berufung auf inoffizielle Informationen der Polizei von 100'000 bis 150'000 Demonstranten.
In Erinnerung an einen historischen Tag
Der 4. Juni ist in Polen ein wichtiges Datum: 1989 fanden an diesem Tag die ersten teilweise freien Wahlen statt – ein Triumph der Demokratiebewegung und der Gewerkschaft Solidarnosc, der zugleich das Ende der kommunistischen Herrschaft einleitete.
«Wir sind heute hier, damit ganz Polen, ganz Europa, die ganze Welt sehen kann, wie stark wir sind, wie viele von uns bereit sind, für Freiheit und Demokratie zu kämpfen, so wie vor 30 und vor 40 Jahren», sagte Tusk vor den Demonstranten.
Gegen sogenannte «Lex Tusk»
Der Protest richtet auch gegen ein neues Gesetz, das die Einsetzung einer Untersuchungskommission zur russischen Einflussnahme vorsieht. Kritiker werfen der PiS vor, sie wolle mit diesem Gesetz wenige Monate vor der Parlamentswahl Oppositionspolitiker wegen angeblicher Russlandfreundlichkeit an den Pranger stellen. Die Kommission soll prüfen, ob Amtsträger in den Jahren 2007 bis 2022 unter dem Einfluss Russlands Entscheidungen getroffen haben, die Polens Sicherheit gefährden.
Polnische Medien sprechen von einer «Lex Tusk» – einem auf Tusk gemünzten Gesetz. Der Danziger war von 2007 bis 2014 polnischer Regierungschef und gilt als schärfster politischer Gegner von PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski. Die PiS-Regierung wirft ihm vor, er habe unvorteilhafte Gasverträge mit Russland abgeschlossen.