Worum geht es? Am Dienstag wurde Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei einem Besuch in Tain-l'Hermitage südlich von Lyon im Rhône-Tal von einem Mann geohrfeigt, als der Präsident die Hände von Schaulustigen schütteln wollte. Zwei Männer wurden daraufhin festgenommen – der mutmassliche Ohrfeiger und der Mann, welcher die Tat gefilmt hat. Der Täter steht schon heute vor einem Schnellgericht. Ihm drohen eine Gefängnisstrafe von bis zu drei Jahren sowie Geldbussen.
Was wollte der Täter? Der Mann soll «Montjoie Saint Denis» und «Nieder mit der Macronie» gerufen haben. «Montjoie Saint Denis» ist ein Schlachtruf des früheren Königreichs Frankreich, der heute etwa von Royalisten benutzt wird. Laut französischen Medien sind beide Männer nicht vorbestraft. Sie sollen Ende 20 sein. Auch soll der Ohrfeiger im Netz auf verschiedenen Kanälen rechten Persönlichkeiten folgen. Der Mann will Macron die Ohrfeige spontan verabreicht haben. Entsprechende Informationen seien aus der Untersuchung bekannt geworden, sagt SRF-Korrespondent Daniel Voll in Paris.
Weshalb war Macron in Tain-l'Hermitage? Ende Juni finden Regionalwahlen statt, in einem Jahr muss sich Macron der Wiederwahl als Präsident stellen. Mit einer Art «Tour de France» will der 43-jährige Präsident diesen Sommer durchs Land reisen, um Kontakt zu den Menschen zu knüpfen. Dazu zählte auch der Besuch in Tain-l'Hermitage. Fast schon demonstrativ suchte Macron nach dem Vorfall das Bad in der Menge. Zwar sind seine Beliebtheitswerte in der Coronakrise wieder gestiegen – Macron steht dennoch unter Druck.
Wie reagiert die Politik? «Von links bis rechts wird die Tat als ein Angriff auf den Staat bezeichnet», sagt Korrespondent Voll. Gerade Vertreter des rechtspopulistischen Rassemblement Nationale von Marine Le Pen machen Macron aber auch für die Polarisierung der Politik im Land verantwortlich. Vertreter von Macrons Regierungspartei «En Marche» versuchten jedoch, die Empörung über den Zwischenfall zu dämpfen. Es handle sich dabei nicht um eine Staatsaffäre, sagen sie.
Was sagt die Öffentlichkeit? In den französischen Medien beherrscht der Zwischenfall seit Dienstag die Berichterstattung. Sie verurteilen den Angriff einhellig als Angriff auf den Staat. Doch sie wiegeln auch ab, schliesslich sei es zu ähnlichen Szenen schon bei anderen Staatspräsidenten oder hohen Politikern gekommen. Und: «Für die Medien ist klar: Macron sollte sich die Gelegenheit zur Tuchfühlung mit der Bevölkerung auch in Zukunft nicht nehmen lassen», so Voll.