Zum Inhalt springen
Audio
Was will die Ukraine mit Langstreckenwaffen erreichen?
Aus Echo der Zeit vom 03.09.2024. Bild: REUTERS/Alina Smutko
abspielen. Laufzeit 9 Minuten 13 Sekunden.

Angriff auf die Ukraine «Die Langstreckenwaffen könnten enormen Druck ausüben»

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski sagt, die Ukraine brauche Flugabwehrsysteme und die dazugehörigen Raketen, um Angriffe wie jenen von Poltawa zu verhindern. Gleichzeitig möchte die Ukraine vom Westen Angriffswaffen mit grosser Reichweite und die Erlaubnis, damit Ziele in Russland beschiessen zu dürfen. Militärhistoriker Markus Reisner erklärt die Gründe dafür.

Markus Reisner

Militärhistoriker

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Markus Reisner ist ein österreichischer Offizier (Oberst) und Militärhistoriker. Er ist Leiter des Instituts für Offiziersausbildung an der Theresianischen Militärakademie in Wien.


SRF News: Was würde die Ukraine mit den Waffen, die Selenski fordert, beschiessen – Flugplätze, Fabriken und Nachschubkonvois?

Markus Reisner: Die vorrangigen Ziele sind die Nachschublinien, Bereitstellungsräume und die Führungs- und Kommandopositionen. Das würde die Führungsstruktur der Russen durcheinanderbringen. Fabriken und Ähnliches liegen zu weit hinter der Front, als dass ihr Beschuss einen unmittelbaren Effekt hätte. Diesbezüglich versucht die Ukraine, mit Drohnen etwas zu bewirken.

Würden diese Waffen den Vormarsch der russischen Truppen bremsen?                 

Ja, das erhofft man sich.

Würde Russland Atomwaffen einsetzen, wenn es auseinanderbrechen würde? Oder: Wer würde die Atomwaffen kontrollieren, wenn es zu einem Auseinanderbrechen Russlands käme?

Es fehlt an Waffen, aber auch an der Erlaubnis, diese Waffen auf russischem Territorium einzusetzen. Der Westen sieht da ein grosses Eskalationsrisiko. Wie beurteilen Sie das?

Das ist, wie man so sagt, «the elephant in the room». Die Ukraine bekommt faktisch immer wieder Waffenlieferungen, die es ihr möglich machen, sich zu wehren und zu kämpfen. Aber sie erhält nicht in einem Ausmass Unterstützung, das es ihr ermöglichen würde, einen nachhaltigen Sieg einzufahren. Die USA möchten offensichtlich nicht, dass es zu einer Art Dominoeffekt auf russischer Seite kommt. Würde Russland Atomwaffen einsetzen, wenn es auseinanderbrechen würde? Oder: Wer würde die Atomwaffen kontrollieren, wenn es zu einem Auseinanderbrechen Russlands käme?

Wenn die Ukraine diese Langstreckenwaffen hätte und Ziele in Russland damit angreifen dürfte, könnte sie siegen?

Das können wir jetzt nicht abschätzen. Die Ukraine ist in ihrer Einsatzweise immer dann sehr gut gegenüber den Russen gewesen, wenn sie sehr flink und beweglich agiert hat. Russland hat es aber immer wieder geschafft, der Ukraine einen Abnützungskrieg aufzuzwingen. Die russische Sommeroffensive zielt nach wie vor darauf ab, die Oblaste Lugansk und Donezk zur Gänze einzunehmen. In diesen Kulminationspunkt der russischen Offensive hinein haben die Ukrainer versucht, mit dem Angriff bei Kursk wieder beweglich zu werden und faktisch die Russen an anderer Stelle zu binden. Das ist nur eingeschränkt gelungen und darum fordert die Ukraine weitreichendere Waffen. Diese könnten enormen Druck auf Russland ausüben. Ob dieser Druck dann reicht, das weiss man erst danach.

Die Ukraine versucht, mit Drohnen vor allem dort anzugreifen, wo es Russland am meisten wehtun wird.

Die Ukraine schafft es, mit Drohnen in Russland Ziele zu treffen, Hunderte Kilometer von der Grenze entfernt. Wie erfolgreich ist diese Strategie?

Die Ukraine hat damit einiges erreicht. Sie setzt nicht nur Drohnen aus der Luft ein, sondern auch zur See. Sie hat es geschafft, die Schwarzmeerflotte aus vor allem dem westlichen Schwarzen Meer zurückzudrängen. Die Ukraine versucht, mit Drohnen vor allem dort anzugreifen, wo es Russland am meisten wehtun wird. Man versucht, durch die Zerstörung von Erdölraffinerien, die Haupteinnahmequelle der Russen zu unterbinden.

Video
Ukraine: Flucht aus Pokrowsk
Aus Tagesschau vom 02.09.2024.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 55 Sekunden.

Denn durch diese Raffinerieprodukte fliesst nach wie vor Geld in die russische Kriegskasse. Die Drohnenangriffe dienen auch dazu, der russischen Bevölkerung zu zeigen, dass der Krieg vor ihrer Haustür stattfindet, nämlich in Moskau, Belgorod oder in anderen Städten.

Das Gespräch führte Christina Scheidegger.

Krieg in der Ukraine

Box aufklappen Box zuklappen

Echo der Zeit, 03.09.2024, 18 Uhr ; 

Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel