Zwei kurze Tweets von US-Präsident Donald Trump: Er gibt zuerst bekannt, dass Israel und Marokko nach zwanzig Jahren Unterbruch wieder diplomatische Beziehungen aufnehmen.
Und dann schiebt er nach: Marokko habe die Vereinigten Staaten 1777 anerkannt – darum sei es nur richtig, dass die USA nun die Souveränität Marokkos über die Westsahara anerkennen würden.
Knapp 40 Tage vor seinem Abgang aus dem Weissen Haus hat der selbsternannte «grösste Dealmaker aller Zeiten» damit die Weichen in der Sahara-Politik neu gestellt. Die USA und Marokko pflegen zwar seit je gute Beziehungen – aber in Sachen Westsahara hatten die USA bisher nicht Partei ergriffen: Marokko und Saharouis sollten den Konflikt friedlich durch Verhandlungen lösen, hiess die Devise.
Bei diesen Verhandlungen spielten US-Diplomaten eine wichtige Rolle: Zuerst der ehemalige Aussenminister James Baker, der mit seinem zweiten Lösungsvorschlag den Sicherheitsrat überzeugte: Die Saharouis sollten selber über ihre Zukunft entscheiden. Für Marokko war dies nicht mehr akzeptabel. Trotz früheren Versprechungen in dieser Richtung.
Schwelender Konflikt
Nach Baker übernahm ein anderer erfahrener US-Diplomat die Rolle als UNO-Vermittler für die Westsahara: Christopher Ross versuchte acht Jahre lang erfolglos, die Polisario und Marokko an den Verhandlungstisch zu bringen. Dann übernahm der ehemalige deutsche Bundespräsident Horst Köhler die Vermittlerrolle – nach rund zwei Jahren gab auch er auf. Seither ist der Platz verwaist.
Völkerrechtlich ist der Status des rohstoffreichen Wüstengebietes an der nordafrikanischen Atlantikküste immer noch umstritten. Die Resolution, dass der Bevölkerung der Saharouis ein Selbstbestimmungsrecht zusteht, ist gültig. Aber Marokko hat die Zeit genutzt und die Westsahara immer stärker in sein Territorium integriert. Anfangs Jahr hat Marokko die fischreichen Gewässer vor der Küste zu seinem Hoheitsgebiet erklärt. Mit Solar- und Windkraftwerken ist die Westsahara ein wichtiger Standort für Marokkos Energieversorgung.
Rückendeckung von der Weltmacht
Über ein Dutzend Staaten haben seit Anfang Jahr in der Westsahara ein Konsulat eröffnet. Vor allem befreundete arabische Staaten. Nun kommt erstmals eine Weltmacht dazu – die USA werden ein Wirtschaftskonsulat eröffnen. Eine weitere Trophäe für König Mohammed, der die Aussenpolitik seit Jahren ganz in den Dienst seiner Interessen in der Westsahara stellt.
In den Flüchtlingslagern hinter der marokkanisch-algerischen Grenze leben über 150'000 Menschen, weitgehend abhängig von internationaler Hilfe. Zwei Drittel der Bevölkerung sind jünger als 25 Jahre. Viele sind frustriert, denn selbst wer gut ausgebildet ist, hat kaum berufliche Perspektive. Die Befreiungsbewegung Polisario hat wenig in wirtschaftliche Entwicklung investiert – auch um den Druck Richtung Unabhängigkeit zu erhalten.
Vom Stabilitätsanker zum Krisenherd?
Unter diesem inneren Druck hat Polisario nach einer Grenzverletzung durch Marokko den Waffenstillstand nach knapp 30 Jahren aufgekündet. Weil sie nicht mehr an eine Verhandlungslösung glaubt. Nach dem Deal zwischen Israel und Marokko werden diese Hoffnungen weiter schwinden.
Die Polisario kann den Kampf mit militärischen Mitteln wohl nicht gewinnen. Aber sie kann den inneren Frieden Marokkos empfindlich stören. Das Land, das sich gerne als Stabilitätsanker im Maghreb präsentiert, wäre plötzlich selbst ein Krisenherd.
Dies sind schlechte Aussichten auch für Europa.