«Wir haben Angst und fürchten um unser Leben – wir sind so viele auf engem Raum», beschreibt eine junge Guatemaltekin ihre Lage in einem US-Ausschaffungsgefängnis gegenüber dem Sender CBS.
In den 190 Internierungslagern der US-Ausschaffungsbehörde ICE leben derzeit rund 32'000 Menschen. Sie seien zusammengepfercht in Schlafsälen mit mehreren Etagenbetten auf engem Raum, Social Distancing sei sehr schwierig, sagt Migrationsfachmann Adam Isacson von der Nichtregierungsorganisation Washington Office for Latin America.
Hälfte der wenigen Tests positiv
Auf Covid-19 getestet wird nur, wer starke Symptome zeigt. Bisher wurden bei den Insassinnen und Insassen bloss 1'000 Tests durchgeführt. Die Hälfte davon war positiv. Vor den Ausschaffungsflügen wird laut Isacson nur die Körpertemperatur gemessen. Nur wer hohes Fieber habe, bleibe zurück.
Haiti – wehrlos gegen Coronavirus
«Damit exportieren die USA wissentlich das Coronavirus in Länder mit schwachen Gesundheitssystemen», so Isacson. Zum Beispiel nach Haiti. Das ärmste Land der westlichen Hemisphäre verfügt nur über 0.2 Ärzte pro 1000 Einwohner. Im Land gibt es gerade einmal 100 Beatmungsgeräte. Drei Viertel der Bevölkerung leben zudem von weniger als zwei Franken pro Tag, die meisten in überbevölkerten Slums ohne fliessendes Wasser.
Damit exportieren die USA wissentlich das Coronavirus in Länder mit schwachen Gesundheitssystemen.
Diese Menschen könnten bei einem Ausbruch von Covid-19 nicht einfach zuhause bleiben, sagt Marline Bastien, die in Miami ein Hilfswerk für Exil-Haitianer leitet: Wer das Haus nicht täglich verlasse, um Geld zu verdienen, habe nichts zu essen. Deshalb müsse Haiti um jeden Preis verhindern, dass das Coronavirus eingeschleppt werde.
Das Leben von vielen Tausend Menschen in Haiti sei in Gefahr, warnt Bastien. Dennoch haben die USA alleine im April gut 200 Haitianer in ihre alte Heimat ausgeschafft. Drei von ihnen wurden nach der Ankunft positiv getestet, nachdem sie krank wurden.
Das Leben von vielen Tausend Menschen in Haiti ist in Gefahr.
Guatemala setzt sich zur Wehr – Chancen gering
Ein weiteres Beispiel ist Guatemala. Dorthin schafften die USA seit März rund 2000 Personen aus. Hundert von ihnen wurden später positiv getestet. Das seien 20 Prozent sämtlicher Corona-Fälle im Land, sagt Ethnologie-Professor Anthony Fontes von der American University in Washington DC. Er forscht seit Januar in Guatemala-Stadt.
Seit zwei Wochen weigert sich Guatemala deshalb, weitere Deportierte aus den USA ins Land zu lassen. Guatemala versuche mit allen Mitteln, eine weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern, so Fontes: «Das Land hat weder die finanziellen Mittel noch ein funktionierendes Gesundheitssystem, um eine Corona-Epidemie bewältigen zu können.»
Guatemala fehlen jegliche Mittel, um eine Corona-Epidemie bewältigen zu können.
Trotzdem werde Guatemala seinen Widerstand gegen die Ausschaffungsflüge aus den USA vermutlich nicht lange aufrechterhalten können. Denn das Land sei wirtschaftlich, finanziell und politisch total abhängig von amerikanischer Hilfe.
Deportationen gegen Beatmungsgeräte
Dass die Trump-Regierung diese Hilfe abhängig von der Kooperation bei den Ausschaffungen macht, haben sie in den letzten Tagen bereits deutlich gemacht: Den Nachbarländern Honduras und El Salvador, die Ausschaffungsflüge noch immer zulassen, sicherte Trump eine Lieferung von Beatmungsgeräten zu – Guatemala hingegen nicht.