Zum Inhalt springen

Anti-Terror-Gesetz Macron macht Verdächtige zu Verurteilten

Die französische Nationalversammlung hat ein umstrittenes Anti-Terror-Gesetz gebilligt, das Teile des seit knapp zwei Jahren geltenden Ausnahmezustands gesetzlich verankert.

«Man kann durchaus sagen, dass der Ausnahmezustand mit dem neuen Anti-Terror-Gesetz zum Dauerzustand wird», sagt SRF-Frankreich-Korrespondent Charles Liebherr. Viele Regelungen, die bisher Teil des Ausnahmerechts waren, seien damit ins geltende Recht eingeflossen – etwa dauerhafte Grenzkontrollen an den EU-Grenzen.

Das Gesetz gibt den Vertretern der Zentralregierung in den einzelnen Departementen zudem viel mehr Spielraum. Etwa die Möglichkeit, Hausdurchsuchungen ohne Richterbeschluss anzuordnen, Verdächtige unter Hausarrest zu stellen oder ganze Gebiete zu Sonderzonen zu erklären, in denen die Befugnisse von Polizei und Militär ausgeweitet sind, so Liebherr.

Man kann durchaus sagen, dass der Ausnahmezustand mit dem neuen Anti-Terror-Gesetz zum Dauerzustand wird.
Autor: Charles Liebherr SRF-Frankreich-Korrespondent

Politische Gegner: Ganz links und ganz rechts

Gegner des neuen Gesetzes seien vor allem ganz links und ganz rechts auf dem politischen Spektrum zu finden. Die Motive gingen dabei aber weit auseinander: «Die Linke kritisiert die fehlende Gewaltentrennung. Sie sagt, dass mit dem Gesetz unter dem Vorwand, Terroristen zu identifizieren, alle Bürger unter Generalverdacht gestellt würden», sagt Liebherr.

Die Rechte hingegen fordere noch mehr Freiheit für Polizei und Geheimdienste, etwa die Möglichkeit nicht verurteilte Verdächtige des Landes zu verweisen. Liebherr geht aber davon aus, dass sich die Rechten der Stimme enthalten werden. «Es würde ihnen sonst schwerfallen, ihren Wählern zu erklären, wieso sie so ein Gesetz ablehnen, das ihrer Meinung nach in die richtige Richtung zielt – aber nicht weit genug geht.»

Zustimmung des Parlaments trotz Angriff auf Grundrechte

Dass mit dem neuen Gesetz Grundrechte ausgehebelt werden, steht laut Liebherr fest. Das zeige sich auch darin, dass sowohl die französische Richtergewerkschaft wie auch die Datenschutzbehörde das Gesetz scharf kritisiere. Einzelne Grundrechte wie etwa die Bewegungsfreiheit würden für Verdächtige ausgeschaltet.

Verdächtige sind nun mal keine Verurteilten.
Autor: Charles Liebherr SRF-Frankreich-Korrespondent

Trotzdem stimmte die Nationalversammlung den neuen Regeln mit 415 zu 127 Stimmen zu, es gab 19 Enthaltungen. Auch Abgeordnete der Sozialisten und der konservativen Republikaner stimmten für das Gesetz.

Eine nachhaltige Antwort auf eine permanente Bedrohung.
Autor: Gérard Collomb Innenminister

Nun muss noch eine Verständigung mit dem Senat gefunden werden, wo die Konservativen eine breite Mehrheit haben. Das Gesetz könnte dann Mitte Oktober besiegelt werden.

Meistgelesene Artikel