- Brasiliens früherer Präsident Luiz Inácio Lula da Silva soll wegen Korruption und Geldwäscherei für zwölf Jahre und einen Monat ins Gefängnis.
- Das entschied ein Berufungsgericht in Porto Alegre und erhöhte damit sogar noch die Strafe der ersten Instanz.
- Damit könnte Lula da Silva wohl auch nicht wie geplant im Oktober erneut für das Präsidentenamt kandidieren.
Das Urteil fiel mit 3:0 Stimmen einstimmig. In erster Instanz war Lula im Juli zu neuneinhalb Jahren verurteilt worden. Er bleibt vorerst noch auf freiem Fuss und könnte versuchen, am Obersten Gerichtshof eine Revision des Urteils zu erwirken. Aber nach zwei klaren und harten Urteilen wird ein Vermeiden der Haftstrafe unwahrscheinlich. Lula selber spricht von einem politischen Prozess gegen ihn.
Nach Wahlumfragen ist er Favorit
Lula da Silva hatte Brasilien von 2003 bis 2010 regiert. In Umfragen für die kommende Wahl liegt er vorne. Ihm wird vorgeworfen, dass ein Baukonzern ein Appartement am Atlantik für ihn aufwendig modernisiert hat – im Gegenzug für Unterstützung bei Auftragsvergaben des Ölkonzerns Petrobras.
Er bestreitet, dass die Immobilie für ihn bestimmt gewesen sei. Er verhedderte sich aber immer wieder in Widersprüche oder versuchte, Verantwortung auf seine verstorbene Frau abzuschieben. Lula hat unabhängig von dem Urteil bisher für die nächsten Tage eine Reise nach Äthiopien geplant.
Gegner und Anhänger demonstrieren
Während seiner Zeit als Präsident des fünftgrössten Landes der Welt wuchs die Wirtschaft zeitweise kräftig – auch dank sprudelnder Öleinnahmen. Mehr als 30 Millionen Menschen seien aus der Armut geholt worden, betont Lula immer wieder.
«Nur eine Sache holt mich von den Strassen dieses Landes: das kann nur der Tag sein, an dem ich sterbe», sagte der 72-Jährige vor tausenden Anhängern in Porto Alegre.
Der Berufungsverhandlung wohnte er selbst nicht bei. Das Gerichtsgebäude wurde hermetisch abgeriegelt, während drinnen die drei Richter stundenlang den Fall erörterten.
In Rio de Janeiro demonstrierten dagegen seine Gegner. An der Copacabana wurde skandiert: «Lula ins Gefängnis».
Dilma Rousseff warnt
Die frühere Präsidentin Dilma Rousseff fürchtet einen «neuen Staatsstreich». «Ich glaube, der Putsch, der in Brasilien 2016 geschehen ist, ist kein isolierter Akt. Das ist ein Prozess. Und das Amtsenthebungsverfahren gegen mich war der Eröffnungsakt», sagte sie der Zeitung «El País».
Rousseff, die Nachfolgerin und Parteifreundin Lulas, war 2016 in einem umstrittenen Verfahren wegen angeblicher Haushaltstricksereien des Amtes enthoben worden – damit endete die mit Lula begonn ene Regierungszeit der linken Arbeiterpartei «Partido dos Trabalhadores» (PT). Der konservative Michel Temer übernahm und leitete einen Politikwechsel ein.
Der Fall ist der vorläufige Höhepunkt im seit fast vier Jahren laufenden «Lava-Jato»-Korruptionsskandal, bei dem jahrelang Schmiergelder bei öffentlichen Auftragsvergaben flossen. Dutzende Manager und Politiker sitzen bereits im Gefängnis.
Profitiert ein Aussenseiter?
Der fast alle Parteien erfassende Korruptionsskandal hat das Vertrauen in die politische Elite in Brasilien stark sinken lassen. Daher könnte ein Aussenseiter Präsident werden: Der rechtskonservative Jair Bolsonaro liegt auf Platz zwei.
Bolsonaro verherrlicht die Militärdiktatur und inszeniert sich als Donald Trump Brasiliens, der den Korruptionssumpf austrocknen will: «Ich bin eine Person, die komplett ausserhalb des Establishments steht.»
Trotz der Krise gewinnen Investoren wieder Vertrauen, die Arbeitslosenzahl sinkt und der Internationale Währungsfonds (IWF) hat seine Wachstumsprognose für das Bruttoinlandsprodukt in Brasilien für 2018 auf 1,9 Prozent und für 2019 auf 2,1 Prozent hochgesetzt.