Sardinen, Tintenfische, Muscheln. Alles frisch aus dem Meer. «Der Fang ist gut», sagt Kiriakos, der Fischhändler. Bloss: Er verkaufe fast nichts. «Die griechische Krise ist nicht vorbei», sagt der Händler. Und Fisch, eine vergleichsweise teure Speise, sei dafür ein guter Indikator: «Geht es den Leuten gut, kaufen und essen sie viel Fisch.»
Kiriakos sagt: «Anfang Monat, wenn die Leute ihren Lohn bekommen haben, läuft es besser. Ende Monat aber ist die Kasse vieler Familien leer.» Das sei aber nicht das einzige Problem: «Ich zahle so viele Steuern wie noch nie. Auch Strom, Wasser, Gas wurden teurer. Und das bei schwindenden Einnahmen.» Kiriakos bespritzt seine fast unberührte Auslage mit Wasser und verscheucht nebenbei eine streunende Katze.
Ägina ist eine malerische Insel, die man von Athen aus in einer knappen Stunde per Schiff erreicht. Es hat auch ausländische Touristen, aber hierher kommen vor allem Griechinnen und Griechen. Die Besucher verbringen einen Tag am Strand, geniessen das Essen mit Blick aufs Meer oder machen mit einer Pferdekutsche eine Spritzfahrt.
Berühmt ist Ägina auch für seine Pistazien. Panagiotis verkauft sie gesalzen, gezuckert, mit Honig oder eingehüllt in Schokolade Aber auch er klagt: «Früher kauften die Leute Pistazien für zehn Euro, heute höchstens noch für zwei oder drei.»
Auf Ägina lebten viele Rentner, sagt Panagiotis, doch die Renten wurden in der Krise verschiedene Male gekürzt. Viele sparten selbst bei den Pistazien. Macht der Pistazienhändler den Geldgebern einen Vorwurf, weil sie Griechenland zu harte Sparauflagen machen?
Das Rettungsprogramm habe wenig Gutes gebracht, sagt Panagiotis, aber Schuld an der Misere seien letzten Endes die Griechen selber: «Wir hätten schauen müssen, dass es erst gar nicht so weit kommt. Wir Griechen haben zu lange sorglos Geld ausgegeben, verschwendet, haben zu wenig getan gegen die Vetternwirtschaft, wir haben noch immer viel zu viele Beamte.»
Drei Flaggen: die europäische, die griechische und jene von Ägina. Daneben das Bild des Lokalheiligen Nectarios: Das ist das Büro von Bürgermeister Dimitris Mourtzis. Auch er sagt: Die Krise sei noch nicht vorbei, aber derzeit haben wir ein anderes Problem: «Ägina hat nur wenig Wasser und von schlechter Qualität. Schon für die rund 13'000 permanenten Einwohner der Insel reicht es nicht. Und im Sommer kommen zehntausende Touristen dazu.»
Eine Wasserpipeline vom Festland her soll Abhilfe schaffen, doch seine Gemeinde habe dafür kein Geld. Für die Wasserleitung oder auch für das Problem der Müllabfuhr von der Insel aufs Festland sei er auf die regionale Regierung angewiesen. Doch es fehlten die Mittel.
Dank einem Fonds der EU habe es die Gemeinde Ägina immerhin geschafft, zwei Sozialprojekte zu finanzieren: «Wir helfen Leuten in Not mit Lebensmitteln und mit der Miete.» Auch in Ägina gebe es Leute, die nicht genug zu essen hätten. Bürgermeister Mourtizs fasst die Lage mit einem griechischen Wort zusammen, das wir ins Deutsche übernommen haben: Labyrinth. «Aus diesem Labyrinth sehen wir noch immer keinen Ausweg.»