- Mehr als zehn Jahre galten Breitmaulnashörner in Kongo als ausgestorben.
- Jetzt wurden 16 Exemplare der Südlichen Unterart von der Naturschutzorganisation African Parks aus Südafrika in den Garamba Nationalpark im Nordosten Kongos umgesiedelt.
- In den kommenden Jahren sollen insgesamt rund 70 Breitmaulnashörner nach Kongo gebracht werden.
Falls das Projekt erfolgreich ist, wäre es die grösste Nashornumsiedlung überhaupt. Der Garamba Nationalpark ist dabei von besonderer historischer Bedeutung. Er galt als der letzte natürliche Rückzugsort für das Nördliche Breitmaulnashorn, der anderen Unterart der Breitmaulnashörner. Bis die Tiere dort vor rund 15 Jahren verschwanden.
Mittlerweile stuft die Weltnaturschutzunion (IUCN) das Nördliche Breitmaulnashorn als das seltenste Grosssäugetier ein. Denn lediglich zwei weibliche Exemplare, die in Gefangenschaft geboren wurden, existieren noch weltweit. Vom Südlichen Breitmaulnashorn, das ursprünglich in Sambia und Südafrika beheimatet war, gibt es hingegen noch rund 16'000 Exemplare. Besonders in Südafrika gerät die Art jedoch ebenfalls durch Wilderei zunehmend unter Druck.
Höchste Zeit also, findet Kester Vickery, dass die Südliche Unterart in Kongo als Ersatz für das Nördliche Breitmaulnashorn angesiedelt wird. Vickery ist der Mitbegründer der Beratungsfirma Conservation Solutions, mit der er seit rund 25 Jahren bei Umsiedlungsprojekten hilft.
Wir versuchen im Grunde genommen, ein Unrecht wieder geradezurücken.
Durch die Verbreitung auf dem Kontinent, so Vickery, steige die Überlebenschance der Nashörner wieder. «Wenn man darüber nachdenkt, ist es sehr traurig, dass eine Art in einem Land ausgestorben ist. Wir versuchen im Grunde genommen, ein Unrecht wieder geradezurücken.»
Die Nördlichen Nashörner seien lange Zeit ein wichtiger Teil der Landschaft in Kongo gewesen – und sie hatten eine wichtige Funktion für das dortige Ökosystem: «Die Nashörner haben die grossen Grasflächen für andere Arten kurz gehalten», so Vickery. Davon hätten etwa Antilopen profitiert.
Mit der Rückkehr der Nashörner steigen hoffentlich auch wieder die Zahlen der Touristen.
So sieht es auch das Kongolesische Institut für Naturschutz (ICCN), das für den Erhalt und Schutz der Nationalparks verantwortlich ist. «Die Nashörner sind eine Spezies, die historisch zum Garamba Nationalpark gehört. Mit der Rückkehr der Nashörner steigen hoffentlich auch wieder die Zahlen der Touristen, die in die Region kommen», sagt Pascal Adrio, stellvertretender Parkmanager.
Kritik am Vorhaben
Günstig ist die Wiederansiedlung allerdings nicht. «Das geschätzte Gesamtbudget für die Umsiedlung der 70 bis 80 Tiere beläuft sich nach derzeitigem Stand auf etwa vier Millionen Dollar», sagt Martin Rickelton von der Naturschutzorganisation African Parks.
Doch es gibt auch Kritik an den aufwendigen Umsiedlungsprojekten. Denn nicht immer sind diese von Erfolg gekrönt. Zuletzt waren zwei Geparde nach einer Umsiedelung von Afrika nach Indien gestorben. Die Tiere galten dort rund 70 Jahre lang als ausgestorben. Forscher hatten kritisiert, der Nationalpark sei zu klein für die Geparden.
Die Südlichen Breitmaulnashörner werden quasi als Versuchstiere in einen ihnen unbekannten Lebensraum gesetzt.
Auch an dem Nashornprojekt gibt es Kritik. «Wir müssen uns wirklich fragen, ob so eine Umsiedlung Tier-ethisch vertretbar ist. Die Südlichen Breitmaulnashörner werden quasi als Versuchstiere in einen ihnen unbekannten Lebensraum gesetzt», sagt Thomas Hildebrandt, Nashorn-Experte und Leiter der Abteilung für Reproduktionsmanagement am Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung. Dabei würden kaum zu überschauende Risiken, etwa durch Krankheiten in Kauf genommen.