- Eine generelle Verschärfung ihrer Asylpolitik haben die EU-Spitzen beim Gipfel in Brüssel beschlossen.
- Dazu zählt die Einrichtung von geschlossenen Aufnahmelagern in der EU für gerettete Bootsflüchtlinge.
- Zudem sollen auch Sammellager in nordafrikanischen Staaten entstehen, damit sich weniger Migranten auf den Weg übers Mittelmeer machen.
Nach zähen Verhandlungen haben sich die EU-Länder beim Gipfel in Brüssel in der Nacht auf eine Verschärfung der europäischen Asylpolitik geeinigt. Dies teilte EU-Ratschef Donald Tusk am Morgen mit.
Demnach einigten sich die EU-Staaten darauf, in der EU geschlossene Aufnahmelager für gerettete Bootsflüchtlinge einzurichten.
Lösungen mit Fragezeichen
Diese sollen in Ländern entstehen, die sich freiwillig dazu bereiterklären. Aus den Lagern heraus sollen die Menschen wiederum auf Staaten verteilt werden, die freiwillig mitmachen. Welche das sein könnten, blieb zunächst unklar.
Nach dem Willen der EU-Staaten sollen auch Sammellager in nordafrikanischen Staaten entstehen, damit sich weniger Migranten illegal auf den Weg übers Mittelmeer machen. Allerdings lehnen die betroffenen Länder dies bislang ab.
Einigung im deutschen Asylstreit?
Offen blieb zunächst, ob das von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihren EU-Kollegen nach mehr als zwölf Stunden erzielte Ergebnis den Weg aus dem erbitterten Asylstreit in Deutschland weisen könnte.
Merkel sucht dringend einen europäischen Ansatz, um das Weiterziehen von registrierten Asylbewerbern aus anderen EU-Ländern nach Deutschland zu bremsen. Andernfalls will Innenminister Horst Seehofer von der Schwesterpartei CSU diese im Alleingang an der deutschen Grenze abweisen.
Die geplanten Aufnahmelager innerhalb der EU könnten zumindest dazu beitragen, dass weniger Asylbewerber von einem EU-Land ins nächste ziehen.
Rom drohte mit Blockade
Italien hatte am Abend mit einer Blockade der Gipfelbeschlüsse gedroht und Zugeständnisse von den übrigen EU-Ländern gefordert. Wegen seiner Lage am Mittelmeer ist das Land erster Anlaufpunkt für Zehntausende Migranten und fühlt sich von den europäischen Partnern im Stich gelassen. Allerdings ist es Deutschland, das EU-weit die meisten Flüchtlinge aufnimmt.
Auf europäischer Ebene war der Druck zu einer Einigung in den letzten Wochen gewachsen, seit in Rom die neue Regierung aus rechter Lega und der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung im Amt ist. Diese hatte in den letzten Tagen Flüchtlingsschiffen privater Hilfsorganisationen die Einfahrt in italienische Häfen verwehrt und damit Krisenstimmung aufkommen lassen.
Für die Idee sogenannter Anlandepunkte ausserhalb der EU für aus Seenot gerettete Flüchtlinge hatte sich auch EU-Ratspräsident Tusk stark gemacht.
Aufruf zur Solidarität
Die Regierungschefs von Spanien, Griechenland, Finnland und Luxemburg hatten sich am Donnerstag hinter die Pläne Deutschlands gestellt, den Flüchtlingen den Weiterzug von Land zu Land zu verwehren.
Wir benötigen eine gemeinsame Antwort auf die gemeinsame Herausforderung Migration.
«Wir benötigen eine gemeinsame Antwort auf die gemeinsame Herausforderung Migration», sagte der spanische Ministerpräsident Pedro Sanchez. Solidarität sei wichtig, insbesondere gegenüber Deutschland, das derzeit in einer politischen Krise stecke.
Die EU-Staaten einigten sich im Zuge der Migrationsdebatte auch auf die Finanzierung weiterer drei Milliarden Euro, die der Türkei für Syrienflüchtlinge zugesagt sind. Ausserdem wollen sie die Wirtschaftssanktionen gegen Russland um weitere sechs Monate verlängern, weil in der Ostukraine Fortschritte im Friedensprozess fehlen.