Worum geht es? Im Zentrum des Streits steht die Frage, ob Deutschland Asylbewerber, die in anderen Ländern bereits registriert wurden, an der Grenze zurückweisen soll.
Wer ist sich nicht einig? In den Konflikt involviert ist die so genannte Unionspartei. Das sind die Schwesterparteien CDU (christlich-demokratische Union) und CSU (christlich-soziale Union). Zur aktuellen Regierungskoalition gehört auch die SPD. Diese lehnt die Forderung der CSU ab.
Was will die CSU? CSU-Innenminister Horst Seehofer will, dass Asylsuchende, die in einem anderen europäischen Land gemäss Dublin-Abkommen bereits registriert sind, an der deutschen Grenze zurückgewiesen werden.
Der CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt erklärte nach einer Sondersitzung die Zurückweisung von Asylsuchenden, die bereits in einem anderen Land registriert sind, sei durch deutsches und europäisches Recht gedeckt.
Unter Landesgruppen versteht man in Deutschland die Fraktionsmitglieder einer Partei, die aus einem bestimmten Bundesland kommen. Die CSU-Landesgruppe ist ein Spezialfall und mit der CSU-Teilfraktion innerhalb der Unionsfraktion gleichzusetzen, da die CSU nur im Bundesland Bayern antritt.
Womit droht die CSU? CSU-Innenminister Horst Seehofer droht, notfalls per Ministerentscheid zu handeln. Das heisst, er würde die Zurückweisung der genannten Flüchtlinge kraft seines Amtes anordnen und ohne die Zustimmung Merkels.
Was ist der Kompromissvorschlag der CDU? Die CDU mit Angela Merkel an der Spitze schlägt vor, dass nur Menschen an der Grenze abgewiesen werden sollen, deren Asylgesuch bereits negativ entschieden wurde.
Was will die Kanzlerin? Angela Merkel will eine gesamteuropäische Lösung finden. Sie will schon beim EU-Gipfel in zwei Wochen bilaterale Verträge mit EU-Partnern erreichen, um die Zurückweisung und Rückführung von Asylsuchenden zu ermöglichen, die in diesen Ländern bereits einen Asylantrag gestellt haben.
Gemäss einem Sprecher unterstützt die CDU-Fraktion den Kurs der Kanzlerin.
Weshalb ist die Sache brisant? Es geht um die Aufarbeitung von Angela Merkels Flüchtlingspolitik seit 2015. Laut einem Medienbericht besteht die Gefahr, dass die CSU die Fraktionsgemeinschaft mit der CDU aufkündet. Diese Zusammenarbeit im Parlament besteht seit 1949.
Der Koalitionsvertrag der aktuellen Regierung in Deutschland konnte nach diversen Fehlschlägen erst fünf Monate nach den Wahlen unterschrieben werden. Steigt die CSU aus, hat die CDU mit der SPD zusammen zu wenig Stimmen. Es droht gewissermassen eine Regierungskrise.
Entgegen dem genannten Medienbericht gaben diverse CSU-Politiker allerdings zu Protokoll, dass von Aufkündigung der Fraktionsgemeinschaft nicht die Rede gewesen sein soll.
Wieso drängt die Zeit? Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) betonte, dass die CSU eine schnelle Entscheidung brauche, um die deutschen Grenzen besser vor illegaler Einwanderung zu schützen.
CSU-Landesgruppenchef Dobrindt sagte, auch seine Partei unterstütze eine europäische Lösung. Er glaube aber nicht, dass diese binnen weniger Tage möglich sei.
Was steht auf dem Spiel? Für Angela Merkel geht es um einen zentralen Kern ihrer Politik, nämlich um die humanitäre Flüchtlingspolitik. Auch für die CSU geht es um die Glaubwürdigkeit. Sie will am 14. Oktober in der bayerischen Landtagswahl ihre absolute Mehrheit verteidigen und fürchtet, ein Nachgeben im Streit mit Merkel würde der Partei schaden.