Es war kurz nach dem versuchten Coup, als Ankara ein Auslieferungs-Gesuch für Fethullah Gülen an die Obama-Regierung stellte. Die nahm es entgegen und bat um Geduld, die rechtliche Prüfung könne leider sehr lange dauern.
Ein paar Monate später zog Präsident Trump ins Weisse Haus – seine Regierung signalisierte zwar früh, man habe diesbezüglich ein besseres Musik-Gehör für Ankara, aber seither geschah nichts. Bis zum Mord am saudischen Journalisten Jamal Kashoggi, den Ankara offenbar als Chance begreift, um dem Anliegen neue Dringlichkeit zu verleihen.
Ob Auslieferungsverfahren läuft, ist unklar
Präsident Trump und Aussenminister Mike Pompeo haben beide Mitte November verneint, dass das türkische Auslieferungsgesuch behandelt werde – derzeit, wie sie sagten. Ob die US-Behörden seither ein Auslieferungsverfahren begonnen haben, ist unklar.
Klar ist, dass die Trump-Regierung, auch wenn sie möchte, das juristisches Prüfungsverfahren nicht kurzschliessen kann. Und dieses Verfahren ist komplex – und geschieht im Zusammenspiel von Behörden und Justiz.
Auslieferungsgesuche müssen nämlich zunächst vom Aussenministerium, dann vom Justizministerium geprüft werden. Massgeblich ist ein hinreichender Tatverdacht, und zwar hinreichend nach US-Recht. Das Auslieferungsabkommen mit der Türkei aus dem Jahr 1979 hält zudem fest, dass politische Motive nicht als Auslieferungsgrund gelten dürfen.
Verfassungsklage könnte Auslieferung verzögern
Kämen die US-Behörden zum Schluss, dass die Beweislage genügt, würde der Fall schliesslich vor einem Bezirksgericht landen, dieses würde nach einer Anhörung letztinstanzlich ein Urteil sprechen – und Fethullah Gülen könnte dann, fiele dieses nicht in seinem Sinne aus, immer noch eine Verfassungsklage einreichen. Und seine Auslieferung verzögern, wenn nicht stoppen.
Kurz und gut: Es ist möglich, dass Präsident Trump Präsident Erdogan in Buenos Aires Hoffnungen gemacht hat auf eine speditive Behandlung, aber im US-Rechtstaat mahlen feinere Mühlen, und langsamere.