Der Messias der Gläubigen der australischen Pfingstgemeinde trägt Glatze und Brille. Scott Morrison, im letzten Jahr überraschend wiedergewählter Premierminister von Australien, ist aktives Mitglied der Freikirche. Er betet jeden Sonntag im Gottesdienst einer Pfingstgemeinde-Halle in Sydney.
Morrison sei von Gott im Amt bestätigt worden, zur Rettung einer Sünden-beladenen Nation: Das meinte der Pfingstgemeinden-Pastor im vergangenen Mai in seiner Kirche. «Gottesfürchtige Australier glauben, dass diese Wahl ein Wunder Gottes war.»
Ein «Wunder Gottes» in einem Land, das traditionell mit Religion wenig am Hut habe, sagt der Religionswissenschaftler Mark Jennings von der Murdoch University: «Im Vergleich zu den USA sind die Australier überhaupt nicht religiös.»
Warten auf die Feuerapokalypse
Morrisons Zugehörigkeit zu einer Kirche, die eine apokalyptische Weltanschauung hat, erfüllt nicht wenige Australier mit besonderem Unbehagen. «Die Pfingstbewegung glaubt, die Welt werde bald ein gewaltsames, feuriges Ende erfahren und die Gläubigen ins Paradies kommen», sagt Jennings. Alle anderen dagegen erwarte ein unangenehmes Schicksal: die Hölle.
Morrison könnte tatsächlich an den baldigen Weltuntergang glauben und den Kampf gegen den Klimawandel deshalb als vergebene Liebesmüh betrachten.
Kritiker stellten vor allem während der jüngsten, verheerenden Waldbrände die Frage, ob Morrison eine fatalistische Endzeiteinstellung gegenüber den Feuern und dem Klimawandel, dem Hauptgrund für die Katastrophe, habe. Denn er hatte erst die Gefahr negiert und dann den Zusammenhang mit der globalen Erwärmung abgestritten.
Auch heute, nach den Feuern, wehrt sich Morrison gegen einschneidenden Klimaschutz. «Er könnte tatsächlich an den baldigen Weltuntergang glauben und den Kampf gegen den Klimawandel deshalb als vergebene Liebesmüh betrachten», sagt Religionswissenschaftler Jennings.
Wunder gibt es. Davon bin ich als Christ überzeugt.
Wahrscheinlich sei aber der starke Druck konservativer Klimawandel-Leugner in Morrisons eigenen Partei für seine fragwürdige Klimapolitik verantwortlich. Denn eigentlich sei Morrison politisch ein Pragmatiker, der handeln würde, wenn Handlungsbedarf bestehe.
Unbestritten aber ist, dass Morrison dem Dogma seiner Kirche folgt. Und die ist stark konservativ: keine Abtreibung, keine Homo-Ehe, kein Mitleid für Unterprivilegierte, für Flüchtlinge. Materieller Erfolg im Leben als Schlüssel zum Paradies.
Auch Morrison selbst sieht sich als Auserwählten. Seine Wahl sei ein Wunder gewesen, sagte er damals. «Denn Wunder gibt es. Davon bin ich als Christ überzeugt.»