- Nach jahrelangem Streit haben die USA und Deutschland einen Durchbruch im Konflikt um die deutsch-russische Pipeline Nord Stream 2 erzielt.
- Die Top-Diplomatin Victoria Nuland aus dem US-Aussenministerium sagte dies bei einer Anhörung im Kongress. Auch in Berlin wurde die Einigung inzwischen bestätigt.
- Der Bau der Pipeline wurde im Winter vorübergehend gestoppt, nachdem die USA im Falle einer Fertigstellung mit Sanktionen drohten.
Die fast fertiggestellte Pipeline soll Erdgas von Russland über die Ostsee direkt nach Deutschland bringen – unter Umgehung des traditionellen Transitlandes Ukraine. Nuland sagte, Deutschland habe sich in der Einigung unter anderem zu Massnahmen verpflichtet, «sollte Russland versuchen, Energie als Waffe einzusetzen oder weitere aggressive Handlungen gegen die Ukraine zu begehen». Das schliesse mögliche Sanktionen ein.
Zusätzliche Finanzhilfen für die Ukraine
Konkret verspricht Deutschland der Ukraine zusätzliche Finanzhilfen in Höhe von gut 200 Millionen Euro. Mit rund 70 Millionen Euro will Berlin bilaterale Energieprojekte in der Ukraine fördern, insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz, wie es in der Vereinbarung heisst. Zudem wollen die USA und Deutschland einen Fonds in der Höhe von mindestens einer Milliarde US-Dollar einrichten, um Investitionen in die Energiewende und -sicherheit der Ukraine zu finanzieren. Der genaue Zeitrahmen für die Zahlungen ist noch unklar.
Deutschlands Aussenminister Heiko Maas hat den Durchbruch im Streit um die Gaspipeline begrüsst. «Bin erleichtert, dass wir in Sachen Nord Stream 2 mit den USA eine konstruktive Lösung gefunden haben», schrieb Maas auf Twitter. «Wir werden die Ukraine beim Aufbau eines grünen Energiesektors unterstützen und uns dafür einsetzen, den Gastransit durch die Ukraine im nächsten Jahrzehnt zu sichern», erklärte der SPD-Politiker weiter. Das Auswärtige Amt schrieb: «Wir stehen als transatlantische Partner fest an der Seite der Ukraine.»
Kanzlerin Angela Merkel hat zudem offenbar bereits mit Russlands Präsident Wladimir Putin über Nord Stream 2 gesprochen. Das gab eine Sprecherin am Mittwochabend in Berlin bekannt. In dem Telefonat sei es einerseits um die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen zur friedlichen Lösung des Konflikts in der Ostukraine gegangen. «Auch Energiefragen wie der Gastransit durch die Ukraine und die Pipeline Nord Stream 2 waren Thema des Gesprächs», fügte sie hinzu.
Geopolitischer Zankapfel
Aus Moskau kam denn auch Lob. «Diese Vereinbarung gibt uns die Möglichkeit, den Bau von Nord Stream 2 in Ruhe abzuschliessen und den Betrieb vollständig aufzunehmen», sagte Wladimir Dschabarow vom Föderationsrat – dem Oberhaus des russischen Parlaments – der Agentur Interfax. Zugleich stellte er Bedingungen für eine mögliche Verlängerung des Transitvertrags: Die Ukraine solle sich als «konstruktiver Partner» unter Beweis stellen.
Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte der Staatsagentur Ria Nowosti, die Verhandlungen über einen neuen Transitvertrag dürften nur von rein «kommerziellem Charakter» sein.
US-Präsident Biden und Merkel hatten am vergangenen Donnerstag bei einem Treffen in Washington einen Neustart in den deutsch-amerikanischen Beziehungen beschworen, nach schwierigen Jahren unter Bidens Vorgänger Trump. Biden sagte, er habe Merkel gegenüber nochmals seine Bedenken bezüglich der Pipeline ausgedrückt. Russland dürfe diese nicht nutzen, um «die Ukraine auf irgendeine Weise zu erpressen».