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Welche Rolle spielen die iranischen Revolutionsgarden?
Aus Echo der Zeit vom 19.01.2023. Bild: SRF
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Bald auf EU-Terrorliste? So wichtig sind die Revolutionsgarden für das iranische Regime

Das EU-Parlament sieht in den iranischen Elitetruppen Terroristen. Dabei könnten die Pasdaran in Iran bald die Macht übernehmen.

Spätestens nach dem Tod des heute 83-jährigen Revolutionsführers Ali Khamenei muss die Macht in Iran neu ausgehandelt werden – egal wie weit die aktuelle Protestwelle noch führt.

Ein mögliches Szenario ist dabei, dass die Revolutionsgarden die Macht von den Mullahs übernehmen. Die iranischen Elitetruppen namens Pasdaran würden also das System an sich reissen, das zu beschützen ihnen aufgetragen wurde.

Vorerst kaum auf der EU-Terrorliste

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Die vom Europäischen Parlament geforderte Einstufung der iranischen Revolutionsgarden als Terrororganisation ist nicht ohne Weiteres möglich. Laut dem Auswärtigen Dienst der EU ist für die Aufnahme einer Organisation auf die EU-Terrorliste zum Beispiel eine nationale Gerichtsentscheidung oder Verbotsverfügung einer Verwaltungsbehörde notwendig. Insofern könne die EU allein die Pasdaran nicht auf die Terrorliste setzen.

Die Aussenminister der EU-Staaten wollen am kommenden Montag bei einem Treffen in Brüssel neue Iran-Sanktionen formell beschliessen. Dass die Pasdaran dabei auf die EU-Terrorliste gesetzt werden, ist eher unwahrscheinlich. (dpa)

Für Sara Bazoobandi, die fürs Hamburger Institut für Nahoststudien Giga die Verhältnisse in ihrer Heimat Iran untersucht, ist das ein plausibles Szenario.

Fast allmächtige Pasdaran

Auf jeden Fall hätten die Revolutionsgarden die Mittel zur Machtübernahme: «Sie kontrollieren die Waffen, sie sind der Repressionsapparat, auf den sich die Geistlichen des Systems verlassen», sagt Bazoobandi. Auch ihre Skrupellosigkeit stehe ausser Frage.

Eine viel diskutierte Frage ist, ob Iran unter Führung der Revolutionsgarden einen ähnlichen Weg einschlagen könnte wie Saudi-Arabien. Denn bereits jetzt sind die Pasdaran die mächtigste Institution in Iran.

Bin Salman führt Saudis in die Moderne

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Legende: Der im Westen nicht unumstrittene Mohammed bin Salman. Keystone/saudi presss agency

Das Regime der alten schiitischen Religionsgelehrten in Iran wirkt inzwischen völlig aus der Zeit gefallen, selbst im regionalen Vergleich. Dabei wird vielfach auf das Beispiel Saudi-Arabien verwiesen: Mohammed bin Salman, der junge und ambitiöse Herrscher Saudi-Arabiens, hat die Kehrtwende vollzogen. Er hat die religiösen Autoritäten an den Rand gedrängt, die Sittenwächter von der Strasse genommen. Der Herrscher Saudi-Arabiens argumentiert nun nationalistisch, um seine Alleinherrschaft der Tiktok-Jugend schmackhaft zu machen.

Grossen Einfluss in Politik und Wirtschaft

Inzwischen reichen die Tentakel der Revolutionsgarden in alle Ecken der Islamischen Republik. Ihre Offiziere dominieren nicht nur den Sicherheitsapparat, sie mischen auch immer stärker in Politik und Wirtschaft mit.

Einst Khomeinis Parallelarmee

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Die Anfänge der Revolutionsgarden waren ganz bescheiden: Die Islamisten um Ayatollah Khomeini, die in der Revolution von 1979 die Macht übernahmen, trauten der offiziellen iranischen Armee nicht, die gerade noch den Schah verteidigt hatte. Deshalb bauten sie eine Parallelarmee auf, die Pasdaran. Sie waren anfangs wenig mehr als ein Haufen schlecht ausgerüsteter Milizen, angetrieben von revolutionärem Eifer. Doch nach und nach wurden sie zur Elitetruppe, direkt dem Revolutionsführer rechenschaftspflichtig – und nur ihm. Heute umfassen die Revolutionsgarden rund 200'000 aktive Soldaten, hinzu kommen rund 500'000 Freiwillige der Basidschi-Milizarmee.

Bazoobandi, welche insbesondere die iranische Ökonomie analysiert, sagt es so: «In jede wirtschaftliche Aktivität, die irgendetwas abwirft, sind die Revolutionsgarden, direkt oder indirekt involviert.» Es gehe längst nicht nur um den Rüstungssektor.

Eine Aufnahme der Revolutionsgarden auf die EU-Terrorliste wäre ein starkes Signal an die Adresse des Regimes in Teheran.
Autor: Sara Bazoobandi Iran-Spezialistin am Giga-Institut für Nahoststudien Hamburg

«Von Medienunternehmen über den Güterexport bis zum Baugeschäft reichen die wirtschaftlichen Interessen der Pasdaran.» Diese Position komme ihnen nicht etwa zu, weil sie bessere Geschäftsleute wären, sondern weil sie die Macht haben und den Markt nach eigenem Gutdünken manipulieren könnten.

Insgesamt eher skeptische Bevölkerung

Wie aber steht es um den Rückhalt in der iranischen Gesellschaft für diese Elitearmee? Als der damalige US-Präsident Donald Trump vor drei Jahren General Qassem Soleimani, den Auslandchef der Revolutionsgarden, in Irak ermorden liess, strömten Menschenmassen in Iran auf die Strassen, um ihre Trauer zu bezeugen.

Menschenmenge mit Trasparent, auf dem Soleimani abgebildet ist.
Legende: Nach der Tötung des damaligen Pasdaran-Auslandchefs Soleimani durch die USA 2020 strömten Tausende Iranerinnen und Iraner auf die Strassen. Keystone/Erfan Kouchari

Iran-Kennerin Bazoobandi warnt dennoch vor voreiligen Schlüssen: Dass die Revolutionsgarden breites Vertrauen genössen, sei nur das Bild, welches das Regime gerne zeichne. «Es entspricht allerdings nicht der Realität.»

Aktiv in Irak, Syrien, Libanon

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Legende: Keystone/IRGC

Die Revolutionsgarden nehmen für sich in Anspruch, dass sie die Nation vor ihren Feinden beschützen. Sie sind dafür selbst im Ausland aktiv: Von Irak über Jemen bis Libanon unterstützen sie lokale schiitische Milizen und entsenden Militärberater. Der Westen habe imperiale Interessen im Nahen Osten, man müsse diesem in einer Art Vorwärtsverteidigung schon in den Nachbarländern die Stirn bieten, wird argumentiert.

Die Bevölkerung erkenne etwa sehr wohl, dass es beim Ausland-Engagement der Pasdaran nicht um die Wahrung der Souveränität und Identität Irans gehe, sondern um die regionalen Ambitionen der islamischen Republik, betont Bazoobandi.

Verantwortlich für Repression in Iran

Zudem würden die Revolutionsgarden von der iranischen Bevölkerung vor allem mit blutiger Repression im eigenen Land verbunden. Für viele stünden sie für das Gegenteil dessen, was sich die Allermeisten in Iran erhofften – nämlich politische Transparenz, Respekt der Menschenrechte, ein Ende der Korruption.

Bazoobandi ist skeptisch, ob die Revolutionsgarden durch eine Aufnahme auf die Terrorliste der EU in ihrem Handeln tatsächlich eingeschränkt würden. Trotzdem ist sie dafür: «Es wäre ein starkes Signal an die Adresse des Regimes in Teheran, dass sich die EU von ihm abwendet.»

Es wäre auch ein starkes Zeichen der Solidarität an die iranische Bevölkerung, die auf eine Wende hofft.

Echo der Zeit, 19.1.2023, 18:00 Uhr

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