Darum geht es: Der vor 150 Jahren eröffnete Suezkanal verändert Ägypten und die Welt: Politisch, strategisch und handelstechnisch. Als wichtiger Bestandteil der nationalen DNA der Ägypter begründet das Bauwerk den Nationalstolz, zusammen mit anderen grosse Errungenschaften von den Pyramiden bis zum Nasser-Staudamm. Der Kanal ist nach der Verstaatlichung in den 1950er-Jahren auch wichtig für die Souveränität Ägyptens. Zugleich generiert er riesige Deviseneinkünfte und ist strategisch bedeutend für die Sicherheit der sensiblen Weltregion.
So funktioniert der Schiffsverkehr: Heute gehen zehn bis zwölf Prozent des Welthandels durch den gut 160 Kilometer langen Kanal. Die täglich knapp 100 Schiffe benötigen heute für die Durchfahrtszeit rund elf Stunden. Dies dank einem 2015 fertiggestellten, 37 Kilometer langen Kanalabschnitt. Dieser läuft parallel und erlaubt das Kreuzen von Schiffen. Vor dem Ausbau hatte die Durchfahrtszeit 22 Stunden betragen.
Die Idee vom Kanalbau entstand früh: Wohl schon im 13. Jahrhundert v. Chr gab es einen Kanal, der das Nildelta mit dem Roten Meer verband oder zumindest in dessen Nähe vorstiess. Erst für Pharao Necho II. um 600 v. Chr. ist eine durchgängige Verbindung belegt, die in römischer Zeit erneuert wurde. Im 8. Jahrhundert n. Chr. wurde bei innerarabischen Konflikten der Nilabzweig zugeschüttet und später nicht mehr erneuert. Bis zu dieser Zeit war der Vorläufer des heutigen Kanals quasi eine innerägyptische Verbindung.
Der Kanalbau von 1859 bis 1869: Zum Bau benötigte man modernste Ingenieurtechnik und ein ausgeklügeltes Finanzierungsmodell. Zum Einsatz kamen erst kürzlich erfundene Hilfsmittel wie dampfbetriebene Bagger und Eisenbahnen. Dem eigentlichen Erbauer des Kanals, dem französischen Diplomaten Ferdinand de Lesseps, gelang es, eine komplex aufgebaute Aktiengesellschaft zu gründen: die «Compagnie universelle du canal maritime de Suez». Sie betrieb den Kanal bis zur Nationalisierung.
So hat der Kanal den Welthandel verändert: Der Suezkanal sparte viel Zeit und Geld. Ein Schiff von London nach Bombay musste nicht mehr um ganz Afrika fahren. Die Strecke verkürzte sich von 20’000 auf 12'000 Kilometer. Ein Dampfschiff sparte so 24 Reisetage und teure Kohle. Grosse Profiteure waren Grossbritannien und Frankreich, die so schneller in ihre Kolonien in Asien und Afrika gelangten. Es profitierten auch die Mittelmeeranrainerstaaten wie Italien und Österreich-Ungarn, die in der Vor-Kanalzeit vom Welthandelsverkehr abgeschnitten waren. So erlebte der österreichische Haupthandelshafen Triest in jener Zeit einen kometenhaften Aufstieg.
Die Suezkrise von 1956: Ausgelöst hatte 1956 die Krise der junge ägyptische Präsident Gamal Abdel Nasser, als er kurz nach der Machtübernahme den Kanal verstaatlichte. Daraus entstand ein Konflikt mit Grossbritannien, Frankreich und auch Israel um die Kontrolle des Kanals. Diese drei Länder durchkreuzten aber die Interessen der USA und der Sowjetunion. Den beide wollten ihren Einfluss in den nach Unabhängigkeit strebenden Staaten der Dritten Welt ausweiten.
Unter dem gemeinsamen Druck der USA und der Sowjetunion und unter Vermittlung der UNO mussten Briten und Franzosen 1957 den totalen Rückzug antreten. Grossbriannien und Frankreich wurden zu Nebenmächten degradiert. Nasser wurde der Held aller Völker, die gerade dabei waren, das Kolonialjoch abzuwerfen.