Das Wichtigste in Kürze
- Nach drei Jahren in der Gewalt der islamistischen Boko Haram haben die Mädchen und jungen Frauen aus dem nordnigerianischen Ort Chibok ihre Familien wiedergetroffen.
- Die Eltern trafen ihre Töchter in Nigerias Hauptstadt Abuja.
- Viele weitere sind noch in der Gewalt der Fundamentalisten.
Umarmungen, Jubelrufe und Freudentränen: Mehr als drei Jahre nach der Entführung durch die islamistische Terrormiliz Boko Haram sind 82 unlängst freigelassene frühere Schülerinnen mit ihren Familien vereint worden.
Innige Umarmungen, Schluchzen und Freudentränen
Von der Regierung veröffentlichte Fotos und Videos der lang ersehnten Wiedervereinigung der Familien zeigten innige Umarmungen, Schluchzen und Freudentränen. Die Anfang Mai freigekommenen ehemaligen Geiseln schienen bei guter Gesundheit und trugen die in Westafrika bei festlichen Anlässen üblichen farbenfrohen Kleider.
Boko Haram hatte im April 2014 aus dem nordöstlichen Ort Chibok 276 überwiegend christliche Schülerinnen verschleppt, von denen etwa 50 noch unmittelbar im Chaos der Entführung fliehen konnten. Die entführten Mädchen sollen von Boko Haram zum Übertritt zum Islam genötigt und teils als Sexsklavinnen gehalten worden sein.
Die Freilassung der 82 Mädchen Anfang Mai folgte auf Verhandlungen, die dem Vernehmen nach vom Roten Kreuz und der Schweizer Regierung geführt wurden. Die Zusammenführung mit den Eltern verzögerte sich jedoch, weil die Mädchen noch von Sicherheitsdiensten befragt wurden und ihre Identität zweifelsfrei geklärt werden musste.
Grosse Solidarität
Die Entführung der Schülerinnen aus Chibok hatte international für Entsetzen gesorgt. Im Internet entwickelte sich rasch eine Kampagne für die Freilassung der Mädchen. Viele Prominente, darunter die damalige US-First-Lady Michelle Obama, unterstützten die Kampagne «Bring Back Our Girls» (Bringt unsere Mädchen zurück).
Schätzungen zufolge werden nun noch etwa 100 der entführten Mädchen aus Chibok vermisst. Boko Haram hat Menschenrechtsorganisationen zufolge jedoch noch Hunderte oder gar Tausende weitere Mädchen und junge Frauen als Geiseln genommen. Die sunnitischen Fundamentalisten terrorisieren seit 2009 den Nordosten Nigerias. Sie wollen dort und in den angrenzenden Gebieten der Nachbarstaaten Kamerun, Tschad und Niger einen sogenannten Gottesstaat errichten.
Drohende Hungersnot
Bei Anschlägen und Angriffen der Terrormiliz kamen seither nach Angaben der Vereinten Nationen mindestens 20'000 Menschen ums Leben. Die Gewalt trieb rund 2,7 Millionen Menschen in die Flucht, mehr als 5 Millionen Menschen sind auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Experten warnen vor einer drohenden Hungersnot in dem Gebiet.
Die Extremisten kontrollierten noch Anfang 2015 im Nordosten Nigerias ein Gebiet, das Schätzungen zufolge der Fläche Belgiens entsprach. Die Regierung von Präsident Muhammadu Buhari hat Boko Haram seither jedoch militärisch stark zurückgedrängt. Bei einem Einsatz gegen die Terrormiliz im Gebiet des Tschadsees wurden mindestens 13 mutmassliche Kämpfer der Gruppe getötet und zahlreiche Waffen sichergestellt, wie die nigerianischen Streitkräfte am Sonntag erklärten.