Belgien beschliesst den Ausstieg aus dem Ausstieg aus der Nuklearenergie. Nach monatelangen Verhandlungen fand die belgische Regierung einen Kompromiss mit der Betreiberfirma, die Laufzeit von zwei Atomkraftwerken zu verlängern.
Viel Überzeugungsarbeit war nötig, denn der Energiekonzern Engie wollte den Betrieb mit Verweis auf die hohen Betriebskosten in zwei Jahren einstellen. Nun gewichtet die Regierung die Versorgungssicherheit aber höher.
Zu wenig Strom 2026
Auch in Belgien gab es schon einfachere Zeiten für grüne Regierungsmitglieder. Tinne van der Straeten, die flämische Energieministerin von den Grünen, eröffnet lieber neue Windparks und Solaranlagen. Nun muss sie die Vorteile von Atomstrom verkaufen. Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen in Belgien bräuchten die Gewissheit, ausreichend mit Strom versorgt zu werden, so van der Straeten.
Eine Lücke drohte ab 2026, hätte Belgien alle sieben AKWs runtergefahren – so wie das die Grünen in der Regierung durchgesetzt hatten. Das war der ursprüngliche Plan. Der rechnete aber mit mehr Strom aus Gaskraftwerken als Ergänzung zum Ausbau von Windkraft und Solarenergie. Zu unsicher sind aber die Rahmenbedingungen, weil der Bau der Gaskraftwerke noch nicht mal geplant ist, und wegen der drohenden Engpässe bei der Gasversorgung. Russisches Gas kommt ja nicht mehr in Frage.
Darum werden jetzt zwei Atomreaktoren länger am Netz belassen. 2025 werden sie abgestellt, um ein Jahr später wieder hochgefahren zu werden. Dazwischen sind umfangreiche Investitionen nötig, um die beiden Meiler weitere zehn Jahre sicher zu betreiben.
Selbstbestimmter Strommix
Der belgische Staat beteiligt sich zur Hälfte an der neuen Betriebsfirma. Das war eine Bedingung der bisherigen privaten Eigner. Die enormen Kosten für das Aufrüsten werden also geteilt. Zusatzkosten entstehen für die Entsorgung der radioaktiven Abfälle. Unklar bleibt, was das am Ende kostet.
Geeinigt hat man sich nämlich erst auf die Methode der Kostenberechnung. Die definitive Quittung für die Betriebsverlängerungen präsentiert ein Expertinnen- und Expertengremium erst in ein paar Wochen.
Das sei der zu zahlende Preis, damit Belgien seinen Strommix künftig wieder selber bestimmen könne, meinte Premierminister Alexander de Croo. Wer in Belgien wohnt, erhält also eine staatliche Garantie, das neu beschaffte Elektrofahrzeug mit Strom laden zu können. Alles andere als garantiert ist, dass die Stromrechnung günstig ausfallen wird.