- Das Anti-Folter-Komitee des Europarats wirft der ungarischen Polizei schwere Misshandlungen von Migranten vor. Das geht aus einem Bericht hervor.
- Demnach hätten zahlreiche befragte Migranten von Stockschlägen, Tritten und anderen Misshandlungen berichtet.
- Der Bericht erhöht den internationalen Druck auf Ungarn, das sowieso schon am Pranger steht.
Die Gewaltschilderungen stammen von zahlreichen Migranten, die in Ungarn von der Polizei aufgegriffen und nach Serbien zurückgebracht wurden. Einige Zurückgewiesene berichteten der Beobachterdelegation, sie seien von Hunden gebissen worden, die Polizisten auf sie gehetzt hätten.
Die Sicherheitskräfte hätten einigen von ihnen Pfefferspray direkt ins Gesicht gesprüht. Ein mit der Delegation gereister Arzt habe Verletzungen bei befragten Migranten festgestellt, die zu den Vorwürfen gepasst hätten, heisst es im Bericht.
Ungarn weist Vorwürfe zurück
Die ungarische Regierung erwiderte in einer schriftlichen Entgegnung, der Bericht weise zahlreiche Feststellungen auf, die «im Widerspruch zu den Fakten» stünden. Es handle sich daher eher um ein politisches als ein professionelles Papier.
Die Migranten hätten sich die Verletzungen auch auf ihrer Reise zuziehen können – sie müssten also nicht von der Polizei verursacht worden sein. Man habe ein System ins Leben gerufen, um Misshandlungen von zurückgewiesenen Migranten zu verhindern.
Sanktionsverfahren gegen Ungarn
Das Anti-Folter-Komitee kritisierte aber, dass dieses System gravierende Mängel aufweise. Die Aufzeichnungen der Polizei zu den Zurückweisungen seien lückenhaft. So seien die Namen betroffener Menschen gar nicht erfasst worden.
Routinemässig gemachte Fotos von ihnen zeigten nur die Gesichter; die Migranten hätten aber meist Verletzungen an anderen Körperteilen beklagt. Die Experten riefen Ungarn dazu auf, die Zurückweisungen nach Serbien zu beenden.
Mit dem Bericht erhöht sich der internationale Druck auf Ungarn weiter. Erst am vergangenen Mittwoch hatte das EU-Parlament wegen Verstössen gegen EU-Grundwerte ein Sanktionsverfahren gegen das Donauland eingeleitet. Wegen der äusserst restriktiven Migrationspolitik des Landes laufen auch mehrere EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn.
«Verfahren ist nicht durchzuführen»
Ungarn wendet sich an den Europäischen Gerichtshof (EuGH), um das Ergebnis der Abstimmung im Europaparlament anzufechten. Dieses Votum hatte zur Einleitung eines Rechtsstaatsverfahrens gegen Budapest geführt.
Bei der Abstimmung sei die erforderliche Zweidrittelmehrheit nur deshalb zustande gekommen, weil die Stimmenthaltungen nicht mitgezählt worden seien, sagte der ungarische Kanzleramtsminister Gergely Gulyas. «Das Ergebnis der Abstimmung ist deshalb falsch festgestellt worden, das Verfahren ist nicht durchzuführen», sagte der Politiker.