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Berlin geht neue Wege Wirtschaft ärgert sich über Feiertag am Frauentag

Die deutsche Hauptstadt erklärt den Welt-Frauentag zum gesetzlichen Feiertag – einzigartig in Europa. Nicht alle freuen sich.

Bei Menzel in Berlin-Moabit ist die Werkhalle voll. Dutzende Elektromotoren warten darauf, lackiert und verschickt zu werden. Das Geschäft brummt. Der neue Feiertag kommt für Geschäftsführer Mathis Menzel, 39, höchst ungelegen. «Ich leg auch gerne die Füsse hoch. Aber wir planen hier Monate im Voraus, und dieser kurzfristig eingeführter Feiertag kostet uns mehrere zehntausend Euro.»

Letztes Frühjahr kam der Frauentag als Feiertag aufs politische Tapet, im Januar 2019 hat ihn das Landesparlament in Berlin definitiv beschlossen. Völlig unnötig, findet Menzel. Gerade Berlin sei in Sachen Gleichberechtigung sehr fortschrittlich. «In Vorpommern wäre dieses Signal vielleicht sinnvoller».

In Menzels Hallen arbeiten ein paar Dutzend Männer und eine einzige Frau. An den Wänden: Kalender mit barbusigen Frauen, wie man sie aus fast jeder Werkstatt kennt. «Ich würde gerne mehr Frauen einstellen», betont Menzel. Der Fachkräftemangel sei in seiner Branche ein echtes Problem.

Frauentag ist Kampftag

Auch darum geht es Iris Spranger. Die SPD-Abgeordnete gilt als Mutter des neuen Feiertages. «Es braucht dieses Symbol für mehr Gleichberechtigung», sagt Spranger. Und stürzt sich ins Getümmel am Alexanderplatz. Dort findet heute die grosse Demonstration statt. «Frauenkampftag» heisst das Motto. Kampf für Lohngleichheit, Parität in der Politik, bessere Aufstiegschancen im Job.

Ist ein Feiertag das richtige Mittel, um diese Ziele zu erreichen? «Wenn die Bundeshauptstadt diesen Feiertag einführt, dann erreichen wir Aufmerksamkeit Das hat eine grosse Symbolkraft im ganzen Land und sogar darüber hinaus», ist Spranger überzeugt. Ausserdem habe Berlin am wenigsten Feiertage in ganz Deutschland gehabt. Nun sei man wenigstens nicht mehr alleiniges Schlusslicht.

«Wir haben doch längst Gleichberechtigung»

Warum gerade der Frauentag als Feiertag hinhalten muss, sieht Mathis Menzel nicht ein. Noch lieber hätte er einem Attentat auf Hitler gedacht. «Wir haben doch längst Gleichberechtigung», ist der Unternehmer überzeugt. Er habe in seiner Firma Damentoiletten einbauen lassen, die habe es früher nicht gegeben.

Emanzipierte Männer würden den Frauentag als Feiertag unterstützen, entgegnet Iris Spranger. Und so sind unter den rund zehntausend Demo-Besuchern heute am Alexanderplatz auffallend viele Männer. Genau wie die Frauen müssen sie dafür nicht einmal mehr frei nehmen.

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