Das Wichtigste in Kürze
- Die Berner Justiz hat eine Untersuchung wegen des Verdachts auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegen den gambischen Ex-Innenminister Ousman Sonko eröffnet.
- Er wurde von der Berner Polizei in Gewahrsam genommen.
- Die Organisation Trial hatte Anzeige eingereicht. Die Genfer Nichtregierungsorganisation setzt sich gegen Straffreiheit von schweren Verbrechen ein.
- Der Ex-Minister hatte in der Schweiz Asyl beantragt.
- Das Staatssekretariat für Migration verteidigt das Vorgehen bei der Prüfung des Asylantrags von Sonko.
Die Polizei hat den ehemaligen gambischen Innenminister Ousman Sonko im Durchgangszentrum in Lyss (BE) festgesetzt. Die Polizei hatte das Gebäude umstellt, berichtete SRF-Redaktor André Ruch. Daraufhin seien die Beamten in das Gebäude hineingegangen und hätten Sonko mitgenommen. Dieser hatte seine Jacke über den Kopf gezogen und war für die Schaulustigen nicht zu sehen.
Die Festsetzung war erfolgt, nachdem die Staatsanwaltschaft Berner Jura/Seeland in Biel eine umfangreiche Strafanzeige gegen den asylsuchenden gambischen Ex-Minister erhalten hatte. Das gab Christof Scheurer bekannt, der Informationsbeauftragte der bernischen Generalstaatsanwaltschaft. Es gehe nun darum, die Person zu befragen und zu identifizieren. Nach der Befragung werde dann das weitere Vorgehen zu bestimmen sein, so Scheurer weiter.
Vorwurf der Menschenrechtsverletzung
Die Strafanzeige hat die Nichtregierungsorganisation Trial eingereicht. Trial-Direktor Philip Grant sagt, die Organisation wolle mit der Strafanzeige verhindern, dass Ousman Sonko untertauchen könne. Trial ist eine Organisation, welche sich gegen die Straffreiheit von schweren Verbrechen einsetzt und den Opfern hilft. Sie hat ihren Sitz in Genf.
Trial wirft Sonko vor, für Folterungen im westafrikanischen Land verantwortlich zu sein. Als Innenminister von 2006 bis 2016 habe Ousman Sonko laut Trial mindestens davon wissen müssen.
Laut Scheurer wäre bei einem Vorwurf wie jenem des Verbrechens gegen die Menschlichkeit die Bundesanwaltschaft zuständig. Die Staatsanwaltschaft in Biel habe aber keinen anderen Weg gesehen, als diesen geltend zu machen, um Sonko anhalten zu lassen.
Am Mittwoch hatte die «Rundschau» aufgedeckt, dass ein ehemaliges gambisches Regierungsmitglied – ihr zufolge Ousman Sonko – im Herbst in der Schweiz ein Asylgesuch gestellt hat. Seit November 2016 lebte Sonko daraufhin im kantonalen Durchgangszentrum Kappelen/Lyss.
Migrationsamt verteidigt sich
Das Staatssekretariat für Migration (SEM) erklärte auf Anfrage, es habe bei der Eröffnung des Asylverfahrens die Bedeutung des Falles gekannt. Die Behörde habe aber «die zuständigen Stellen bei Bund und Kanton rechtzeitig und sachgerecht informiert».
Der Abschluss des Asylverfahrens im Fall Sonko sei zudem innert 90 Tagen, der Maximaldauer für den Aufenthalt in Empfangs- und Verfahrenszentren des Bundes, nicht möglich gewesen. «Deshalb fand eine Zuweisung des Asylsuchenden durch das SEM an den Kanton statt.»