Zunächst wurden kurz Freundlichkeiten ausgetauscht. Dann ging es zwischen US-Präsident Joe Biden und Russlands Staatschef Wladimir Putin zur Sache. Zwei Stunden sprachen die beiden miteinander. Dann erfuhr man zunächst stundenlang nichts. Und anschliessend wenig.
«Ich begrüsse Sie, Herr Präsident», begann Russlands Präsident Wladimir Putin. Er nahm am Videogipfel von seiner Residenz in Sotschi aus teil. «Gut, sie wiederzusehen», erwiderte sein US-Amtskollege Joe Biden aus dem Lageraum des Weissen Hauses. Aus diesem werden sonst Militäroperationen koordiniert. Dann winkten die beiden einander kurz zu. Putin lächelnd, Biden ernst.
Danach ging es fast ausschliesslich um die Ukraine, die stärker Anschluss an die Nato und die EU sucht. Das beunruhigt, ja ärgert Russland, weshalb es umfangreiche Truppenteile an der Grenze zur Ukraine zusammenzieht, vorerst als Drohkulisse. Was Kiew erst recht in die Arme des Westens treibt. Ein Teufelskreis.
Biden drohte, aber nicht mit Invasion
Den Ausbruch aus diesem Kreis fanden die beiden Präsidenten nicht. Das gegenseitige Misstrauen ist abgrundtief. Putin forderte, die USA dürften keine zusätzlichen Waffen in der Ukraine stationieren. Und vor allem, die Nato müsse sich vertraglich verpflichten, sich niemals weiter nach Osten auszudehnen.
Ein solches russisches Veto-Recht zur Bündniswahl souveräner Staaten wie die Ukraine oder Georgien konnte Biden unmöglich akzeptieren. Stattdessen drohte er mit massiven Wirtschaftssanktionen, falls Russland eine Invasion der Ukraine wagen sollte. Er meint Kontensperrungen und Reiseverbote für führende Regimevertreter, eine Abnabelung Russlands vom internationalen Zahlungsverkehr und eine Sperrung der Nordstream-2-Pipeline. US-Truppen in die Ukraine zu entsenden, erwägen die USA indes selbst im Invasionsfall nicht.
Keine positive Interpretation möglich
Das Gespräch, so schildern es Beobachter, verlief freimütig. Positive Interpretationen, wie noch nach dem echten Gipfel im Juni in Genf, blieben diesmal beidseits gänzlich aus. Vereinbart wurde lediglich eine weitere Diskussion der Differenzen um die Ukraine auf tieferer Hierarchiestufe.
Der Konflikt eskaliert nun seit Wochen, ja Monaten. So sehr, dass man sich einig war: Einzig ein Spitzengespräch zwischen Biden und Putin kann helfen. Doch wenn nun selbst das nicht hilft, entwickelt sich die Lage von besorgniserregend zu brandgefährlich.
Der Ball liegt nun in Moskau. Wohl Anfang 2022 dürfte Russland die nötigen Truppen für eine Invasion versammelt haben. Die politische Entscheidung dafür oder dagegen scheint im Kreml noch nicht gefallen. Ob Bidens Sanktionsdrohungen Putin von einem Grosseinmarsch abhalten, ist völlig offen.