Am Mittwoch wird Joe Biden als 46. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika vereidigt. Biden selbst gehört seit Jahrzehnten zum Polit-Establishment in Washington. Der nächste «alte weisse Mann» im Oval Office, frotzeln Kritiker.
Als selbsternannter Präsident des Übergangs schart Biden jedoch ein äusserst diverses Kabinett um sich: Mit Kamala Harris wird erstmals eine Frau Vizepräsidentin. Weitere Regierungsposten haben alte Hasen, Newcomer und Menschen mit den unterschiedlichsten Hintergründen inne.
«Das sind historische Nominierungen. Das Gruppenbild sieht völlig anders aus als unter Präsident Donald Trump», bestätigt SRF-Korrespondentin Isabelle Jacobi. Noch nie gab es so viele Frauen auf hohen Regierungsposten, so viele Hispanics, Afroamerikaner und Asiatinnen. «Die Weissen sind sogar untervertreten im Vergleich zur Gesellschaft in den USA.»
Mit Pete Buttigieg dürfte erstmals ein offen Schwuler als Verkehrsminister Einsitz im Kabinett nehmen. Erst gerade hat das Biden-Team die Transsexuelle Rachel Levine als Nummer zwei im Gesundheitsministerium nominiert.
Die Köpfe der Biden-Regierung
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Bild 1 von 12. Mit Deb Haaland als Innenministerin soll erstmals eine amerikanische Ureinwohnerin ins Kabinett aufrücken. Die 60-Jährige gehörte zu den ersten zwei Frauen, die 2018 als indigene Amerikanerinnen ins US-Repräsentantenhaus gewählt wurden. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 12. Pete Buttigieg könnte mit der Bestätigung durch den Senat der erste offen schwule Bundesminister in der Geschichte der USA werden. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 12. Der 58-jährige Anthony Blinken wird künftiger Aussenminister unter Joe Biden. Er war bereits Vizeaussenminister unter Barack Obama. Bildquelle: imago images.
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Bild 4 von 12. Lloyd Austin. Nach Bidens Wille soll der 67-Jährige Pentagon-Chef werden. Er wäre der erste Afroamerikaner auf dem Posten. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 12. Die frühere Vorsitzende der Zentralbank FED und 74-jährige Janet Yellen wird Finanzministerin – als erste Frau. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 12. Die 51-jährige Avril Haines wird als erste Frau an der Spitze der Nachrichtendienste die verschiedenen US-Geheimdienste koordinieren. Bildquelle: imago images.
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Bild 7 von 12. Alejandro Mayorkas wird Minister für Innere Sicherheit. Der 61-Jährige ist der erste Immigrant und Lateinamerikaner auf dem Posten des Departements, das für die Immigration zuständig ist. Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 12. Joe Biden nominiert den 43-jährigen Jake Sullivan zum nationalen Sicherheitsberater im Weissen Haus. Bildquelle: imago images.
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Bild 9 von 12. Die Überraschung: Der ehemalige Aussenminister John Kerry feiert ein Comeback und wird Sondergesandter für das Klima. Bildquelle: Keystone.
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Bild 10 von 12. Die 68 Jahre alte Diplomatin Linda Thomas-Greenfield wird US-Botschafterin bei der UNO. Bildquelle: Keystone.
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Bild 11 von 12. Die US-Kongressabgeordnete Marcia Fudge soll Ministerin für Wohnungsbau und Stadtentwicklung im Kabinett Joe Bidens werden. Die Demokratin sitzt seit 2008 für den US-Staat Ohio im Repräsentantenhaus. Bildquelle: Keystone.
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Bild 12 von 12. Der frühere Gouverneur des US-Staats Iowa, Tom Vilsack, wird in der Biden-Regierung als Landwirtschaftsminister amten. Vilsack war bereits in der Regierung Barack Obamas Landwirtschaftsminister. Bildquelle: Keystone.
«Allerdings», relativiert Jacobi, «wenn man Bidens engen Beraterzirkel im Weissen Haus ansieht, dominiert wieder die Farbe Weiss und das männliche Geschlecht.» In Washington spreche man bereits spöttisch vom «Wohlfühlzirkel» von Joe Biden.
Im Wahlkampf feuerten Trump und seine Republikaner gegen die «Sozialisten», die die USA zu übernehmen drohten. «Davon kann ganz sicher keine Rede sein», findet die Korrespondentin – und spricht von einem «Gemischtwarenladen», in dem die politische Mitte dominiert. «‹Corporate America› kann damit rechnen, dass ihre Anliegen Gehör finden.»
Bidens persönlicher Berater Steve Ricchetti war Lobbyist für Banken, Versicherungen und die Telekombranche. Der künftige Stabschef Ron Klain führte zuletzt eine Risikokapitalgesellschaft. «Und der nominierte Aussenminister und der Verteidigungsminister pflegen die Nähe zur Militärindustrie und Technologie-Branche», so Jacobi.
Parteilinke wird im Senat wirken
Biden und Harris gehören zum gemässigten Teil der Demokraten. In der Partei gibt es aber einflussreiche Exponenten, die weit links politisieren. Dieser Flügel bekomme im Biden-Kabinett nur wenig Gewicht, so die Korrespondentin. «Nur ein paar Besetzungen sind eine Verneigung gegen links.»
Dazu gehören die Innenministerin Deb Haaland oder die Klimaberaterin Gina McCarthy. Dem Kampf gegen den Klimawandel räumt Biden aber ohnehin hohe Priorität ein. Zudem wird der Wirtschaftsberater von Elizabeth Warren die Nummer zwei in Bidens Wirtschaftsrat. Ein anderer Protegé der linken Demokratin übernimmt die Führung des Konsumschutzbüros, das sie einst gegründet hat.
«Die Abschussrampe für linke Anliegen könnte in kommenden Jahren eher der Senat als das Weisse Haus sein», sagt Jacobi. Dort politisieren neben Warren auch die linke Galionsfigur Bernie Sanders oder Sherrod Brown, der dem Bankenausschuss vorsitzen wird. Sie wollen die US-Unternehmen zwingen, mehr soziale Kosten zu tragen.
Auch im Weissen Haus wollen die Demokraten mit «einem Knall anfangen», schliesst Jacobi: Die USA treten wieder dem Pariser Klimaabkommen bei und das sogenannte «Muslim-Einreiseverbot» wird aufgehoben. Zudem plant Biden grosse legislative Projekte wie ein zwei Billionen Dollar schweres Covid-Ausgabenpaket und eine umfassende Immigrationsreform.