Was will der italienische Bildungsminister Valditara? Es geht um eine Reform der italienischen Grundschule. Giuseppe Valditara möchte, dass die Schülerinnen und Schüler mehr Gedichte auswendig lernen, dass sie die römische Mythologie kennen, freiwillig Latein ab der siebten Klasse lernen und wieder mehr Bibelkunde durchnehmen. Im Gespräch mit der Zeitung «Il Giornale» sagte Valditara: «Wir nehmen das Beste aus unserer Tradition für eine Schule, die fähig ist, die Zukunft zu gestalten. Unser Ziel ist eine seriöse Schule, die zukunftsorientiert ist und auf die kritische Bildung unserer Kinder achtet. Die Überarbeitung der nationalen Indikationen orientiert sich an ihnen.»
Warum will Valditara die Schulen reformieren? Im internationalen Vergleich steht das italienische Bildungswesen nicht gut da. Laut einer aktuellen Umfrage der OECD können 35 Prozent der italienischen Erwachsenen (zwischen 16 und 65 Jahren) einfache Sätze nicht verstehen. Dabei gibt es ein deutliches Nord-Süd-Gefälle. Im Süden Italiens brechen viele die Schule ab. Als Beispiel dienten die Vororte von Neapel, dort brächen 50 bis 60 Prozent zu Unterrichtenden die Schule ab, sagt der bekannte römische Wirtschaftsprofessor Carlo Bastasin.
Was sagen die Gegnerinnen und Gegner dieser Reform? Kritiker halten die geplante Reform für rückständig und ideologisch beeinflusst. Und vor allem seien sie der Meinung, dass es im italienischen Bildungswesen dringendere Probleme zu lösen gebe, nämlich die Unterfinanzierung der Schule, sagt SRF-Italien Korrespondent Franco Battel. Italien gebe im Vergleich mit anderen Ländern relativ wenig für die Bildung aus. «Die Reformpläne wirken wie aus der Zeit gefallen», so Battel.
Wie ist der Zustand der Schulen? Bei der Unterfinanzierung geht es laut Battel nicht nur um die Gehälter der Lehrpersonen, die im Vergleich sehr tief sind. Es geht auch um den Zustand der Infrastruktur: In Italien gebe es Schulhäuser mit undichten Dächern, sodass es bei Regen ins Schulzimmer tropfe oder Schulen mit defekter Heizung. Es gebe gar Schulen, die einsturzgefährdet seien.
Wie kommt die Reform an? Die Zeitung «La Tecnica della Scuola» hat eine Umfrage dazu durchgeführt. Die Reaktionen sind bei Schülern, Eltern, Lehrpersonen und Verantwortlichen verschieden. 56 Prozent der befragten Lehrerinnen und Lehrer sagten, sie seien gegen die von Valdiara geplanten Inhalte.