Lithium, Kupfer oder Öl: Einen Wert von mehreren Billionen Dollar sollen die reichen Rohstoffvorkommen in einem der weltweit ärmsten Länder haben. Obwohl deren Vorkommen seit Jahrzehnten bekannt ist, kam es in Afghanistan bisher nicht zum Abbau der Bodenschätze im grossen Stil.
Dafür fehle es am nötigen Kapital, sagt Carsten Drebenstedt, Professor für Bergbau-Tagebau an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg: «Jede wirtschaftliche Tätigkeit bedingt ein zuverlässiges Umfeld für die Sicherheit der Beschäftigten und des Kapitals. Beides ist seit Jahrzehnten nicht gegeben, sodass ausländische Investoren ausbleiben».
Versuche wurden zwar unternommen. So hat beispielsweise ein Konsortium aus China 2008 in Mes Aynak eine Mine gepachtet. Das hätte das grösste Projekt für die Kupferförderung des Landes werden sollen. Die angespannte Sicherheitslage erschwerte aber einen normalen Förderbetrieb. Dass die Taliban nun einen sicheren Rahmen für künftige Abbauprojekte schaffen können, scheint unwahrscheinlich.
Fachpersonal und Infrastruktur fehlen
Zudem seien weitere wichtige Voraussetzungen vor Ort nicht gegeben, betont Bergbauexperte Drebenstedt: «In Afghanistan fehlt eine Infrastruktur für den Rohstoffabbau, den Transport und die Verarbeitung in grösserem Massstab komplett.»
So gebe es nur wenige Kilometer Eisenbahngleise im überwiegend gebirgigen Land. Auch das Strassennetz sei unterentwickelt. Zudem fehle dem Binnenland der Zugang zu einem Hafen und die Energieversorgung erfolge komplett aus den Nachbarländern.
Auch Fachpersonal sei kaum vorhanden, betont der Bergbauexperte, der selber bei der Ausbildung afghanischer Rohstofffachleute mitgewirkt hat. Vor über dreissig Jahren, als die russische Besetzung endete, sei dies noch anders gewesen. «Es gab in Afghanistan bis 1990 ein sehr gutes Ausbildungssystem im Rohstoffsektor. Dieses wurde, wie jede andere Ausbildung, bis Anfang der 2000er Jahre fast vollständig zerstört.»
Denn auch nach zehn Jahren Krieg, im Anschluss an den russischen Einmarsch 1979, kam das Land nicht zur Ruhe. Nach der Herrschaft der Mudschaheddin kämpften sich bereits damals die Taliban an die Macht und wurden erst 2001 durch den Einmarsch der USA nach den Terror-Anschlägen in New York vom 11. September zurückgedrängt.
Kein Zugriff auf Währungsreserven
Auf grössere Erträge aus Rohstoffen, die über den handwerklichen, regional begrenzten Abbau hinausgehen, können die Taliban also voraussichtlich nicht zählen. Unklar bleibt zudem, ob die Taliban überhaupt je auf afghanische Währungsreserven zurückgreifen können. Denn diese liegen zu einem grossen Teil in den USA und wurden von der US-Regierung blockiert.
Auch Hilfsgelder, bisher eine der wichtigsten Einnahmequellen des Landes, wurden von mehreren Geberstaaten eingefroren. Der Internationale Währungsfonds (IWF) blockierte den Zugang zu Geldern.
Geldquelle Opium
Durch legale Exporte konnte Afghanistan bisher nur sehr beschränkt Einnahmen erwirtschaften. Damit bleibt fast nur die Ausfuhr von Opium als Einnahmequelle. Afghanistan produziert UNO-Angaben zufolge rund 85 Prozent des weltweit hergestellten Grundstoffs für Heroin.
Die Taliban haben zwar, wie bereits in der Vergangenheit, einen Ausstieg aus der Opiumproduktion angekündigt. Viele Bauern auf dem Land sind aber auf die Einnahmen aus dem Anbau von Schlafmohn angewiesen und die Taliban wiederum auf die Steuern, die sie darauf erheben.