SRF News: Wie wurde das Scheitern der Verhandlungen in Zypern aufgenommen?
Christiane Sternberg: Über die griechisch-zyprischen Medien läuft die offizielle Darstellung, dass die Haltung der Türkei Schuld am Scheitern der Verhandlungen ist. Bei vielen schwingt aber auch Enttäuschung mit. Denn diesmal waren die Hoffnungen grösser als bei früheren Verhandlungen. Seit Jahren hat man sich nicht mehr in so grosser Runde getroffen, und in der geteilten Hauptstadt Nikosia hat sich vor ein paar Wochen spontan eine Bürgerbewegung geformt – Unite Cyprus Now. Allabendlich trafen sich Friedensaktivisten in der UN-Pufferzone. All das nährte das Gefühl, dass diesmal eine Wiedervereinigung möglich wäre.
Ein zentraler Streitpunkt waren offenbar einmal mehr die türkischen Besatzungssoldaten. Die Türkei wehrt sich gegen einen vollständigen Abzug, die Griechen fordern ihn. Warum ist diese Frage so umstritten?
Seit 1974 sind türkische Truppen in Nordzypern stationiert, zwischen 30'000 und 40'000 Soldaten. Für die griechischen Zypern ist das eine gefühlte, ständige Bedrohung. Zypern soll ja eine neue Republik, ein wiedervereinigtes Land werden – wer möchte da schon ausländisches Militär auf seinem Territorium haben?
Wenn eine der Parteien irgendwann genug hat, könnte aus der vorläufigen eine permante Teilung werden.
Die griechischen Zypern haben deswegen während der Verhandlungen auf eine Klausel bestanden, die einen festen Termin für den Abzug der türkischen Soldaten vorsieht. Darauf hat sich Ankara nicht eingelassen.
Ist unter diesen Umständen eine Wiedervereinigung überhaupt möglich?
Das ist ja die Krux: Keine Seite will bei den türkischen Soldaten Kompromisse eingehen. Wenn eine Lösung nicht unter diesen optimalen Bedingungen und der Unterstützung, die es jetzt gab, möglich ist – wie soll man sich dann später einigen können, wenn man wieder allein auf der Insel ist? UNO-Generalsekretär Antonio Guterres hat in Aussicht gestellt, dass durchaus weitere Initiativen zu einer Wiedervereinigung möglich seien. Aber es ist immer weitergegangen – seit 43 Jahren.
Und das ist ja vielleicht das Problem. Alle haben immer Hinterkopf, dass es schon irgendwie weitergehen wird. Wenn aber mal eine Partei, etwa die Türkei, ausschert und genug hat, könnte aus der vorläufigen Teilung eine permanente werden. Gerade angesichts der derzeit angespannten politischen Lage (zwischen der Türkei und Griechenland, Anm. d. Red).