Der Tod von Toto Riina hat Italien seit letztem Sommer beschäftigt, seit sich abzeichnete, dass der «Boss der Bosse» bald sterben würde. Welche Hafterleichterungen soll der Staat einem blutrünstigen Mafiaboss unter solchen Umständen gewähren?
In die Debatte schaltete sich auch Rita Dalla Chiesa ein, die Tochter jenes Generals und Mafia-Jägers, den die Cosa Nostra samt dessen Frau ermorden liess. Dalla Chiesa sagte, ihr Vater und ihre Mutter hätten auch keine Würde, keine Menschlichkeit erfahren. Andere jedoch argumentierten, auch ein Mörder wie Riina, der 26 Mal zu lebenslanger Haft verurteilt war, solle bei seiner Familie sterben dürfen.
Sterbenskrank noch brandgefährlich
Doch der italienische Staat hat anders entschieden. Trotz Alter und Krankheit sei Riina noch immer brandgefährlich und in der Lage, Befehle zu erteilen – ein Blick, eine Geste genügten, argumentierten prominente Staatsanwälte. Dass «der Boss der Bosse» nie auch nur einen Hauch von Reue zeigte, hat die Behörden in ihrer Haltung bestärkt.
Vor einigen Jahren brüstete sich Riina in einem Gespräch mit einem anderen Häftling damit, die Ermordung der beiden Richter Giovanni Falcone und Paolo Borsellino befohlen zu haben, wie Aufnahmen einer Überwachungskamera zeigen.
Erst im Streben ein letztes Treffen
Wie viele Morde der Sohn eines Bauern aus Corleone eigenhändig begangen oder in Auftrag gegeben hat, weiss man nicht genau. Wahrscheinlich waren es 150 oder 200.
All das hat dazu beigetragen, dass der italienische Justizminister Andrea Orlando erst gestern Nachmittag, als der «Boss» schon im Sterben lag, seiner Familie ein letztes Treffen gewährt hat.
Von Komplizen beim Staat gedeckt
Riina lebte während Jahren unbehelligt in Palermo: Ohne Komplizen und Freunde ganz oben in Polizei und Justiz wäre das gar nicht möglich gewesen. Die Wende brachte erst der Anschlag auf Borsellino und Falcone 1992. Danach konnte der Staat nicht mehr wegschauen. Ein Jahr später sass Riina im Gefängnis.
Gewiss war das ein Schlag gegen die Cosa Nostra, doch die neuen Köpfe wuchsen sofort nach. Der jüngeren Generation von Bossen gelang es sogar zu expandieren – nach Norditalien, ins Ausland, auch in die Schweiz. Die Macht der Mafia bleibt ungebrochen.
Die grössten Gangsterbosse der Welt
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Bild 1 von 8. «Der Pate»: Vito Cascio Ferro gilt als mächtigster Mafia-Boss aller Zeiten. Er knüpfte Verbindungen zwischen der amerikanischen und sizilianischen Mafia. Seine 70. Verhaftung war schliesslich seine letzte. Zuvor kam er immer wieder auf verschiedenen Wegen frei. Er verstarb 1943 im Gefängnis. Bildquelle: PD.
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Bild 2 von 8. Alphonse Gabriel «Al» Capone: Er war einer der bekanntesten Verbrecher Amerikas in den 20er- und 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts. Capone kontrollierte als Chef des «Chicago Outfit» die Unterwelt und konzentrierte sich vor allem auf Geldwäsche, Glücksspiel und Prostitution. Er starb 1947. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 8. Pablo Escobar: Der Kolumbianer war einer mächtigsten und brutalsten Drogenhändler der Welt. Von den Armen wurde er als «Robin Hood» verehrt. Escobar stand an der Spitze des Medellín-Kartells, das in den 80er- und 90er-Jahren zu den grössten Kokain-Exporteuren zählte. Er starb 1993. Bildquelle: Reuters.
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Bild 4 von 8. John Gotti (rechts) galt als «Pate von New York». Er war berüchtigt für seine Brutalität. Jahrelang hatte die Polizei vergeblich versucht, Gotti Verbrechen nachzuweisen. Dies brachte ihm auch den Spitznamen «Teflon Don» ein. 1992 wurde er schliesslich doch noch zu lebenslanger Haft verurteilt. Er starb 2002 in einem zivilen Krankenhaus an Krebs. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 8. «El Chapo»: Joaquín Guzmán war lange Zeit der meistgesuchte Drogenboss der Welt. Er war der oberste Chef des Sinaloa Kartells, einem mexikanischen Drogenkartell. Nachdem «El Chapo» 13 Jahre lang auf der Flucht war, wurde er 2014 festgenommen. Nach einem Ausbruch durch einen unterirdischen Tunnel wurde er am 8. Januar 2016 erneut festgenommen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 8. Charles «Lucky» Luciano wurde 1897 als Salvatore Lucania auf Sizilien geboren. Karriere als Gangster machte er aber in den USA. In den 20er- und 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts galt er als einflussreichster Mafiaboss New Yorks. Er wurde 1936 zu einer Haftstrafe von dreissig bis fünfzig Jahren verurteilt, von denen er aber nur zehn absass. Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 8. Lange Zeit war Bernardo Provenzano der Kopf der sizilianischen Mafia «Cosa Nostra». Ihm werden Dutzende Morde vorgeworfen. Nach über 40 Jahren auf der Flucht wurde der meistgesuchte Mann Italiens 2006 auf Sizilien verhaftet. Am 13. Juli 2016 ist er im Gefängnis verstorben. Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 8. Pasquale Condello war der Boss der kalabrischen Mafia ’Ndrangeta. Nach mehr als zwanzig Jahren auf der Flucht wurde er 2008 in seinem Haus in Reggio Calabria verhaftet. Wegen des Mordes an einem früheren Chef der italienischen Eisenbahn war Condello bereits 1987 in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Bildquelle: Keystone.