Mit voller Absicht und genervt von den festgefahrenen Brexit-Verhandlungen hat EU-Ratspräsident Donald Tusk an einer Medienkonferenz eine Breitseite gegen die Brexit-Befürworter abgefeuert.
«Ich frage mich, wie dieser besondere Platz in der Hölle für diejenigen aussieht, die den Brexit gefördert haben, ohne auch nur eine Skizze eines Plans zu haben, wie man ihn sicher ausführen kann.» Das sagte Tusk nach einem Treffen mit Irlands Regierungschef Leo Varadkar in Brüssel.
Die Bemerkung über den «Platz in der Hölle» für die Verfechter des britischen EU-Austritts verbreitete Tusk auch noch auf Twitter.
Tusk sagte weiter, er hoffe, die britische Premierministerin Theresa May habe einen «realistischen» Plan, wie die Blockade beendet werden könne. Sie wird am Donnerstag in Brüssel erwartet.
Auch für Juncker «die Hölle»
Auch der irische Regierungschef Varadkar äusserte sich in einer gemeinsamen Erklärung mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ähnlich. Beide bleiben strikt bei der bisherigen Linie der EU: Man werde keine neuen Angebote machen und den Austrittsvertrag nicht für Neuverhandlungen öffnen. Varadkar kündigte ein eigenes Treffen mit May für Freitagabend in Dublin an.
Bei einer gemeinsamen Medienkonferenz mit Varadkar wurde Kommissions-Chef Juncker auf Tusks Bemerkung angesprochen. Er sagte: «Ich bin weniger katholisch als mein guter Freund Donald. Er glaubt fest an den Himmel und als Gegensatz dazu an die Hölle. Ich glaube an den Himmel und habe nie die Hölle gesehen – bis auf die Zeit, die ich hier arbeite. Das ist die Hölle.»
Noch einen drauf setzte der Brexit-Beauftragte des Europaparlaments, Guy Verhofstadt: «Ich bezweifle, dass Luzifer sie willkommen heissen würde. Denn nach dem, was sie Grossbritannien angetan haben, würden sie es wohl sogar schaffen, die Hölle zu spalten.»
Forderung nach einer Entschuldigung
Nach Tusks Äusserung forderte die britische Ministerin für Parlamentsfragen, Andrea Leadsom, umgehend eine Entschuldigung. Der Kommentar des EU-Ratspräsidenten sei «schändlich» und «boshaft» gewesen, sagte sie der BBC.
Premierministerin Theresa May reagierte bislang nicht auf die Äusserung Tusks. Ein Sprecher bemerkte lediglich, es liege an Tusk, zu entscheiden, ob seine Bemerkung «angemessen» gewesen sei.
«Ungewählte Tyrannen»
Der ehemalige Chef der nationalistischen Partei Ukip, Nigel Farage, reagierte harsch auf Tusk und hielt ihm auf Twitter entgegen: «Nach dem Brexit werden wir frei sein von ungewählten, arroganten Tyrannen wie Ihnen und unser Land selber lenken. Das tönt mehr nach Himmel für mich.» Grossbritannien habe es mit Fanatikern zu tun, die nicht bereit seien, vernünftig zu sein.
Nur rund 50 Tage vor dem Austrittstermin Ende März ist der Streit zwischen Grossbritannien und der EU weiterhin völlig verfahren. Weil das britische Parlament das Brexit-Abkommen abgelehnt hat, verlangt Theresa May Nachbesserungen, was die EU ablehnt. Auch Spekulationen über eine Verschiebung des Austrittsdatums weist die britische Regierung konsequent zurück und betonte das auch heute wieder.