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Geprellt werden allenfalls die russichen Bürger: OIPC in Genf
Aus SRF 4 News aktuell vom 23.07.2020. Bild: Imago
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Brisante Recherche Russische Geldwäsche und Spionage in Genf?

Eine Recherche des Westschweizer Radio und Fernsehens RTS rückt die Internationale Zivilschutzorganisation (OIPC) mit Sitz in Genf in ein schlechtes Licht. Sie soll für die russische Regierung Geld waschen. Laut dem diplomatischen Korrespondenten von SRF, Fredy Gsteiger, sollte das vor allem die russischen Bürger interessieren.

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

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Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

Hier finden Sie weitere Artikel von Fredy Gsteiger und Informationen zu seiner Person.

SRF News: Was wird der Internationalen Zivilschutzorganisation genau vorgeworfen?

Fredy Gsteiger: Ein Punkt ist, dass Projekte finanziert werden, die in allererster Linie den geopolitischen Interessen Russlands entsprechen. Es fliesst also Geld in russlandnahe Länder. So etwa nach Serbien, wo ein russisch-serbisches humanitäres Zentrum aufgebaut wurde. Es fliesst auch Geld nach Nicaragua, Kuba, Armenien oder Nordkorea.

Es geht um russlandinterne Korruption und Geldwäscherei.

Ein zweiter Vorwurf lautet, vom russischen Krisenministerium in Moskau fliesse Geld nach Genf in die OIPC. Das Geld werde dann von dort an russische Firmen zurücküberwiesen. Bei diesen dürfte es sich zumindest teilweise um Tarnfirmen handeln, die nichts mit Zivilschutz zu tun haben. Es geht dabei also um Korruption und Geldwäscherei. Der dritte – nicht wirklich belegte – Vorwurf lautet, dass die OIPC Spionage betreibe.

OIPC – von Russland dominiert und finanziert

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Die OIPC (englisch: ICDO) ist bloss eine kleine Organisation mit etwa einem Dutzend Mitarbeitern, die in einer Villa in einem Genfer Vorort residiert. Ihr offizielles Ziel ist die internationale Zusammenarbeit im Zivilschutz. Doch die Organisation dient wahrscheinlich kaum noch dem ursprünglichen Zweck. Das zeigen die Recherchen von RTS-Journalisten und einer NGO, die sich der Aufdeckung von Korruption und Kriminalität verschrieben hat. Auch ist die OIPC eigentlich gar keine richtige Internationale Organisation: Kein einziges westliches Land ist Mitglied. Auch Südamerika sowie Ost- und Südasien sind darin praktisch nicht vertreten. Dominierende Kraft ist Russland, Mitglieder sind vor allem Staaten, die früher zur sowjetischen Einflusssphäre gehörten. Hinzu kommen einige afrikanische und arabische Länder, darunter die Golfstaaten. (gstf)

Wie sicher ist es, dass Russland tatsächlich Geld über die OIPC wäscht?

Auf den ersten Blick ist nicht plausibel, wieso russische Gelder via die Organisation in Genf in russlandnahe Länder gelenkt werden. Schliesslich könnte Moskau das Geld auch direkt in die Empfängerstaaten transferieren. Plausibel ist hingegen, dass die OIPC Moskau als Umwegmechanismus via Genf dient, um die russischen Geldflüsse zu verschleiern. So bleibt unsichtbar, an welche russischen Firmen das Geld aus Moskau geht.

Uniformeirte und Rettungsfahrzeuge in einer Strasse Gazas.
Legende: Seit 1972 – in diesem Jahr trat die OIPC-Gründungsakte in Kraft – wird in vielen Ländern jeweils am 1. März der internationale Tag des Zivilschutzes begangen – wie hier 2020 in Gaza-Stadt. imago images

Ist es erstaunlich oder gar skandalös, wenn eine offenkundig Russland nahestehende Organisation russische Ziele verfolgt?

Wenn staatliche russische Gelder für Zwecke gebraucht werden, die Russland dienen, ist das grundsätzlich nicht skandalös. Letzten Endes müssten die russischen Steuerzahler entscheiden, ob das sinnvoll ist oder nicht.

Das Geld dient möglicherweise der Finanzierung regimenaher Figuren und Firmen.

Das Problem ist, dass das Geld möglicherweise nicht geopolitischen Interessen Russlands dient, sondern zur Finanzierung regimenaher Figuren und Firmen benutzt wird. Darüber müsste aber nicht die internationale Gemeinschaft empört sein, sondern der Widerstand dagegen müsste aus Russland selber kommen.

Inwiefern ist es bedenklich, dass so etwas in Genf, auf Schweizer Boden stattfindet?

Wenn es sich um eine wichtige Organisation handeln würde, dann würde Genf damit sicher einen Image-Schaden davontragen. Problematisch wäre auch, wenn viele der in Genf ansässigen Internationalen Organisationen und NGOs für solche Zwecke missbraucht würden.

Es ist eher ein Einzelfall-Problem als ein systemisches des internationalen Genf.

In den echten Internationalen Organisationen ist die Mitgliedschaft aber breiter abgestützt. Ausserdem wollen die Staaten, die dafür Mitgliederbeiträge bezahlen, auch wissen, was mit ihrem Geld geschieht. Die Kontrolle dieser Organisationen ist also besser. Bei der OIPC haben wir es also eher mit einem Einzelfall-Problem zu tun als mit einem systemischen Problem des internationalen Genf.

Das Gespräch führte Christina Scheidegger.

SRF 4 News aktuell vom 23.7.2020, 08.45 Uhr ; 

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