Eine Recherche des Westschweizer Radio und Fernsehens RTS rückt die Internationale Zivilschutzorganisation (OIPC) mit Sitz in Genf in ein schlechtes Licht. Sie soll für die russische Regierung Geld waschen. Laut dem diplomatischen Korrespondenten von SRF, Fredy Gsteiger, sollte das vor allem die russischen Bürger interessieren.
SRF News: Was wird der Internationalen Zivilschutzorganisation genau vorgeworfen?
Fredy Gsteiger: Ein Punkt ist, dass Projekte finanziert werden, die in allererster Linie den geopolitischen Interessen Russlands entsprechen. Es fliesst also Geld in russlandnahe Länder. So etwa nach Serbien, wo ein russisch-serbisches humanitäres Zentrum aufgebaut wurde. Es fliesst auch Geld nach Nicaragua, Kuba, Armenien oder Nordkorea.
Es geht um russlandinterne Korruption und Geldwäscherei.
Ein zweiter Vorwurf lautet, vom russischen Krisenministerium in Moskau fliesse Geld nach Genf in die OIPC. Das Geld werde dann von dort an russische Firmen zurücküberwiesen. Bei diesen dürfte es sich zumindest teilweise um Tarnfirmen handeln, die nichts mit Zivilschutz zu tun haben. Es geht dabei also um Korruption und Geldwäscherei. Der dritte – nicht wirklich belegte – Vorwurf lautet, dass die OIPC Spionage betreibe.
Wie sicher ist es, dass Russland tatsächlich Geld über die OIPC wäscht?
Auf den ersten Blick ist nicht plausibel, wieso russische Gelder via die Organisation in Genf in russlandnahe Länder gelenkt werden. Schliesslich könnte Moskau das Geld auch direkt in die Empfängerstaaten transferieren. Plausibel ist hingegen, dass die OIPC Moskau als Umwegmechanismus via Genf dient, um die russischen Geldflüsse zu verschleiern. So bleibt unsichtbar, an welche russischen Firmen das Geld aus Moskau geht.
Ist es erstaunlich oder gar skandalös, wenn eine offenkundig Russland nahestehende Organisation russische Ziele verfolgt?
Wenn staatliche russische Gelder für Zwecke gebraucht werden, die Russland dienen, ist das grundsätzlich nicht skandalös. Letzten Endes müssten die russischen Steuerzahler entscheiden, ob das sinnvoll ist oder nicht.
Das Geld dient möglicherweise der Finanzierung regimenaher Figuren und Firmen.
Das Problem ist, dass das Geld möglicherweise nicht geopolitischen Interessen Russlands dient, sondern zur Finanzierung regimenaher Figuren und Firmen benutzt wird. Darüber müsste aber nicht die internationale Gemeinschaft empört sein, sondern der Widerstand dagegen müsste aus Russland selber kommen.
Inwiefern ist es bedenklich, dass so etwas in Genf, auf Schweizer Boden stattfindet?
Wenn es sich um eine wichtige Organisation handeln würde, dann würde Genf damit sicher einen Image-Schaden davontragen. Problematisch wäre auch, wenn viele der in Genf ansässigen Internationalen Organisationen und NGOs für solche Zwecke missbraucht würden.
Es ist eher ein Einzelfall-Problem als ein systemisches des internationalen Genf.
In den echten Internationalen Organisationen ist die Mitgliedschaft aber breiter abgestützt. Ausserdem wollen die Staaten, die dafür Mitgliederbeiträge bezahlen, auch wissen, was mit ihrem Geld geschieht. Die Kontrolle dieser Organisationen ist also besser. Bei der OIPC haben wir es also eher mit einem Einzelfall-Problem zu tun als mit einem systemischen Problem des internationalen Genf.
Das Gespräch führte Christina Scheidegger.