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Britische Spionage-Affäre Prinz Andrews Freundschaft zu möglichem China-Spion wirft Wellen

«H6» ging dank des geschmähten Bruders vom König im Buckingham-Palast ein und aus. Das Unterhaus ist «not amused».

Wie ist es möglich, dass eine den Sicherheitsbehörden bekannte Person so nahe an ein Mitglied der königlichen Familie herankommt? Diese Frage stellte ein konservativer Abgeordneter im Unterhaus und bezeichnete China als grösste Sicherheitsbedrohung des Landes überhaupt.

Nach den bisherigen Kenntnissen deutet alles darauf hin, dass niemand Geringerer als der Bruder des Königs, Prinz Andrew, dem chinesischen Staatsbürger den Zugang zum Königshaus und zur britischen Elite verschafft hatte. Offenbar unterhielt der Prinz mit dem 50-jährigen Yang Tengbo, lange nur bekannt unter dem Code-Namen «H6», nicht nur eine Freundschaft, sondern eine engere Geschäftsbeziehung.

So flog die heikle Freundschaft auf

Darauf weisen Daten auf einem Smartphone hin, das dem Chinesen vor vier Jahren beim Grenzübertritt abgenommen worden war. Gegen den Mann, der in Grossbritannien studierte und später auch lebte, wurde eine Einreisesperre verhängt. Diese focht er an. Vor wenigen Tagen hat ein Gericht die Einreisesperre öffentlich bestätigt, was den mutmasslichen Spionagefall in die Schlagzeilen brachte.

Mittlerweile kursieren auch Fotos von «H6» im Kreis des früheren Premiers David Cameron oder der ehemaligen Premierministerin Theresa May. Sie können sich nicht an den Mann erinnern. Das erscheint glaubhaft, wurden sie doch während ihrer Amtszeit mit Tausenden von Leuten abgelichtet.

Zweifelhafte Biografie des Prinzen

Prinz Andrew steht nicht zum ersten Mal mit einer problematischen Freundschaft in der Kritik. Sein letzter prominenter Freund war der verurteilte Sexualstraftäter Jeffrey Epstein, der sich in der Haft das Leben nahm. Prinz Andrews Versuch, den Ahnungslosen zu geben, endete 2019 nach einem BBC-Interview in einer medialen Katastrophe. Die damalige Queen entzog ihm alle offiziellen Titel.

Prinz Andrew, Duke of York
Legende: Prinz Andrew, Duke of York, im Februar 2024 in Windsor Castle. Er ist das dritte Kind und der zweite Sohn von Königin Elisabeth II. und Prinz Philip. Der Bruder von König Charles III. sorgt mit seinen Freundschaften nicht zum ersten Mal für Negativschlagzeilen. imago images/Jonathan Brady Avalon

Prinz Andrew verlor damals seine Stellung als «Working Royal» und jegliche finanzielle Unterstützung und muss seither ein Anwesen und seinen Lebensunterhalt selbst finanzieren. Laut britischen Medien geht es um Millionenbeträge und viele fragen sich, woher das Geld kommt.

Schaden der mutmasslichen Spionage unklar

Was der Chinese im Buckingham-Palast alles ausspioniert haben könnte, ist weiterhin nicht klar. Warum ausgerechnet der königliche Palast Ziel einer Spionage-Aktion gewesen sein sollte, ist fraglich. Denn Prinz Andrew ist kein Geheimnisträger mit Zugang zu sensiblen Daten. Sollte «H6» tatsächlich im Auftrag der chinesischen Regierung den Palast frequentiert haben, ging es wohl weniger um Geheimnisse, sondern um Zugang in die besten Kreise des Königreichs mit ihren Entscheidungsträgern.

Die Vorstellung, dass ein kommunistisches Regime dann allenfalls auf diesem Weg einen seltsamen Sprössling der britischen Monarchie querfinanziert, ist durchaus ein interessanter Gedanke. Von der chinesischen Botschaft in London werden die jüngsten Aufdeckungen als bösartige, anti-chinesische und paranoide Lügen abgetan.

Ebenso heftig reagierten einzelne Abgeordnete im Unterhaus. Insbesondere die Falken innerhalb der konservativen Tories stürzten sich auf den Fall. Für sie ist es ein weiterer Beweis, dass Peking keine Hemmungen hat, alle britischen Institutionen zu infiltrieren, von Universitäten übers Parlament und Computerfirmen bis zum Königshaus. Sie fordern nun von Premierminister Keir Starmer Gegenmassnahmen.

SRF 4 News aktuell, 17.12.2024, 07:00 Uhr

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